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Analyse: Utopia of the Seas könnte eine kleine Revolution in der Kreuzfahrt auslösen

Royal Caribbean könnte es schaffen, mit der Utopia of the Seas den großen Markt der Kurzkreuzfahrten von Florida zu den Bahamas deutlich zu verändern. Ein paar entscheidende Details verschaffen der Reederei einen klaren Vorsprung. Das dürfte diesen Markt umkrempeln und die Konkurrenz gehörig unter Druck setzen. Und noch etwas anderes verändert sich dabei in der Kreuzfahrt …

Es klingt wie eine Routine-News zu einem neuen Kreuzfahrtschiff: Royal Caribbean stellt erste Details zur Utopia of the Seas vor und will das Schiff – immerhin etwas überraschend – für Kurzkreuzfahrten ab Port Canaveral (Orlando) einsetzen. Tatsächlich steckt dahinter aber eine kleine Revolution in der Kreuzfahrt und ein kluger, unkonventioneller Schachzug der Reederei. Warum das so ist, zeigt sich aber erst auf den zweiten Blick.

Gewöhnlich schicken die großen Kreuzfahrt-Reedereien ihre neuesten Schiffe auf Sieben-Nächte-Routen. Das gilt bislang als lukrativer. Auf den Kurzreisen ab Florida zu den Bahamas mit drei oder vier Nächten Dauer kommen ältere Kreuzfahrtschiffe zum Einsatz, auch weil hier die Konkurrenz groß ist und daher die Preise niedrig sind.

Verdient wird auf diesen Reisen vor allem durch den Umsatz an Bord: Casino, Getränke, Spa, Shops. Passagiere sind auf diesen Reisen in besonderer Feierlaune, nicht nur während Springbreak-Zeiten, und geben entsprechend viel Geld in kurzer Zeit aus.

Details, die für Royal Caribbean ein großer Vorteil sind

Mit der Utopia of the Seas stellt Royal Caribbean dieses Konzept nun auf den Kopf. Die Reederei bringt ein Angebot auf den Markt, das sie aus der mehr oder weniger einheitlichen Konkurrenz heraushebt. Sie bietet außerdem etwas, das die anderen in dieser Form so schnell nicht nachahmen können.

Warum? Weil Royal Caribbean nicht nur das neueste Schiff dort positioniert – das könnten Mitbewerber ebenfalls tun. Sondern weil Royal Caribbean das ohnehin begehrte, neue Schiff kombiniert mit dem Erlebnis auf der Privatinsel Coco Cay, die für die Zielgruppe der Kurzreisen – Party und Familie – aktuell weit mehr bietet als die Inseln der Mitbewerber.

Blick auf Coco Cay 2022, Blickwinkel von der Freedom of the Seas am neuen Pier
Blick auf Coco Cay 2022, Blickwinkel von der Freedom of the Seas am neuen Pier

Und die Reederei hat noch einen wichtigen Trumpf im Ärmel: den „Royal Beach Club“, der 2025 auf Paradise Island in Nassau eröffnen soll. Das erscheint auf den ersten Blick nicht übermäßig spektakulär zu sein. Doch muss man wissen, dass Nassau als Kreuzfahrthafen zu den zehn Prozent unbeliebtesten der Karibik gehört, weil dort einfach zu wenig geboten ist und in dieser Zieltruppe jeder schon mehrfach dort war. Mit dem Royal Beach Club schafft Royal Caribbean es nun aber, diesen Hafen exklusiv für seine Kunden deutlich attraktiver zu machen – und da kann die Konkurrenz erst einmal nicht mithalten.

The Royal Beach Club at Paradise Island, Bahamas
The Royal Beach Club at Paradise Island, Bahamas

Eine Drei- oder Vier-Nächte-Route ab Florida ist bei Royal Caribbean also allein schon durch die beste Privatinsel sowie eine exklusive Attraktion in Nassau deutlich attraktiver, als die Konkurrenz das auf absehbare Zeit anbieten kann. Die Utopia of the Seas als ganz neues Mega-Kreuzfahrtschiff der Flotte ist da schon fast nur das Sahnehäubchen auf dem ohnehin besten Produkt auf diesem Markt. Nur Disney Cruise Line ist da halbwegs ebenbürtig, schon wegen der auch außerhalb der Kreuzfahrtwelt enormen Markenbekanntheit.

Ideal fürs Neukunden-Geschäft

Dabei wird Royal Caribbean mit dieser neuen Herangehensweise noch nicht einmal primär um die Kunden der anderen Reedereien buhlen. Denn es gibt eine viel größere Zieltruppe, die potenziell einfacher zu gewinnen ist: Kreuzfahrt-Neulinge, „new to cruise“.

Der größte Teil der Menschen, selbst in den USA, hat noch nie eine Kreuzfahrt gebucht. Der Anteil der Kreuzfahrt am Reisemarkt liegt bei unter fünf Prozent. Kurz-Kreuzfahrten senken die Einstiegsschwelle deutlich ab, denn sie sind für einen günstigeren Gesamtbetrag zu bekommen und man muss nur wenig Urlaubstage investieren, um es auszuprobieren. Das ist wichtig in den USA, wo die Menschen typischerweise viel weniger Urlaub haben als in Europa.

Der Basis-Hafen Port Canaveral ist unter diesem Aspekt ebenfalls sehr geschickt gewählt. Er liegt nahe an Orlando, einem der weltweit bedeutendsten Ziele für Familienurlaub – also mit potenziell einer riesigen Zielgruppe, die an einen Aufenthalt in einem der Themenparks relativ einfach noch ein paar Tage auf einem Kreuzfahrtschiff anhängen kann.

Dazu wiederum passt, dass Royal Caribbean die Utopia of the Seas noch mehr auf Familienfreundlichkeit optimiert hat und inzwischen (für die „Icon of the Seas“) den nicht ganz abwegigen Anspruch des besten Familienurlaubs der Welt erhebt. Allzu weit von der Icon of the Seas ist die Utopia of the Seas da nicht entfernt.

Kreuzfahrtschiff und Privatinsel verschmelzen zu einer Einheit

Fun Facts Utopia of the Seas (Bild: Royal Caribbean)
Fun Facts Utopia of the Seas (Bild: Royal Caribbean)

Und noch etwas fällt bei den Plänen zur Utopia of the Seas auf: Das Schiff und die Destination verschmelzen zu einem einheitlichen Erlebnis. Die Reederei schafft sich eine komplett eigene Urlaubswelt, in der klassische Destinationen mit unabhängigen Landausflügen faktisch keine Rolle mehr spielen.

Bei der Fahrtroute von Port Canaveral nach Coco Cay und Nassau – und bei der Vier-Nächte-Route zusätzlich einem Seetag – spielt Sightseeing kaum noch eine Rolle. Die Passagiere bewegen sich fast während der gesamten Reise innerhalb der Sphäre der Reederei, ob am Schiff oder auf einer Insel.

Daher unterscheidet die Reederei bei ihren Marketing-Botschaften auch nicht mehr zwischen Features der Utopia of the Seas selbst und den Attraktionen auf der Privatinsel Coco Cay.

Und so findet sich dann auch auf der Infografik zu diesen Reisen Punkte wie „13 Wasserrutschen“ (die sich auf Coco Cay befinden) parallel zu vier Rutschen an Bord der Utopia of the Seas; oder fünf Pool (an Bord) neben dem „größten Süßwasserpool der Karibik“ (auf Coco Cay); oder eine knapp 500 Meter lange Zip-Line (auf Coco Cay). Das alles wird auf einer Seite einheitlich unter der Überschrift „Utopia of the Seas“ präsentiert.

4 Kommentare

Über den Autor: FRANZ NEUMEIER

Franz Neumeier
Über Kreuzfahrt-Themen schreibt Franz Neumeier als freier Reisejournalist schon seit 2009 für cruisetricks.de und einige namhafte Zeitungen und Zeitschriften. Sein Motto: Seriös recherchierte Fakten und Hintergründe statt schneller Schlagzeilen und Vorurteile, damit sich jeder seine eigene Meinung bilden kann. TV-Reportagen zitieren ihn als Kreuzfahrt-Experten und für seine journalistische Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet. Er wird regelmäßig in die Top 10 der „Reisejournalisten des Jahres“ gewählt und gewann mit cruisetricks.de mehrfach den „Reiseblog des Jahres“-Award.

4 Gedanken zu „Analyse: Utopia of the Seas könnte eine kleine Revolution in der Kreuzfahrt auslösen“

  1. Um von Land und Leuten nichts zu sehen, fahre ich ja nicht in den Urlaub. Ich will ja da hin gebracht werden und die Kultur und Gegend kennen zu lernen. Also so sehr muss ich nicht in die Sphäre der Reederei eintauchen.

  2. @Hans: Dann würde ich doch mal die Hunderttausenden fragen, die solche Reisen jedes Jahr buchen – ich glaube, „Erholung“ ist gar nicht das, was sie im Sinn haben ;-)
    Mehrbelastung für die Crew? Ja, ohne Zweifel.

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