Der Gletscher Pio XI ist ein besonderes Phänomen: Anders als die meisten Gletscher weltweit wächst er stetig weiter und bedeckt heute Bereiche, die vor einigen Jahrzehnten noch Fjorde waren. Mit der Hanseatic Nature sehen wir uns den Gletscher aus der Nähe an. Am Nachmittag machen wir einen – leider völlig verregneten – Überraschungsstopp in Puerto Eden.
Allein in den 50 Jahren von 1945 und 1995 wuchs der Gletscher Pio XI um zehn Kilometer, wobei das Wachstum seit Mitte der 1970er-Jahre nur noch langsam verläuft. Der Gletscher ist der längste Gletscher der südlichen Hemisphäre außerhalb der Antarktis.

Pio XI ist Teil des zweitgrößten Eisfeld der Welt abseits der Polar-Regionen. Er liegt im 1969 eingerichteten Bernardo O’Higgins National Park (benannt nach dem ersten Präsidenten Chiles) und ist mit einer Fläche von 1.265 Quadratkilometern etwa so groß wie die Chiles Hauptstadt Santiago.

Als wir zum Sonnenaufgang am Gletscher ankommen, ist es allerdings wolkig und regnerisch. Ohnehin aber hat der Pio-XI-Gletscher wohl ziemlich an Attraktivität verloren. Hatte er noch Ende 2019 die typischen, schroffen Eis-Zacken an der Abbruchkante, sieht er heute eher flach und abgerundet aus. Vorgelagert sind Sandbänke.
Benannt ist der Gletscher nach Papst Pius XI, weil er in den 1920er-Jahren die Erlaubnis erteilt hatte, dass Chile Maria del Carmen zur Schutzpatronin des Landes machen durfte. Davor war der Gletscher mit seiner rund vier Kilometer breiten Front nach dem deutschen Geologen Otto Brüggen Messtorff (1887 bis 1953), besser bekannt unter seinem hispanisierten Namen Juan Brüggen.
Puerto Eden – trotz Dauerregen ein hübsches Örtchen im Nirgendwo
Nur rund 70 Menschen leben in Puerto Eden. Für 15 Kinder gibt es aber immerhin eine Schule. Und in Puerto Eden leben die letzten drei Mitglieder eines einst stolzen Volkes, das vor allem in Kanus entlang der chilenisch-patagonischen Küste lebte.

Der kleine Ort liegt Hunderte Kilometer von der nächsten Siedlung entfernt tief in den chilenischen Fjorden. Mit der Hanseatic Nature brauchen wir vier Stunden vom Gletscher nach Puerto Eden.

Wir setzen mit Zodiac-Schlauchbooten nach Puerto Eden über und spazieren auf einem hölzernen Boardwalk durch das Dorf und hinauf zu einem Aussichtspunkt. Dort gibt es auch ein faszinierendes Hochmoor mit fleischfressenden Pflanzen. Der Boden ist hier so nährstoffarm, dass sich diese kleinen Pflanzen ihre Energie von Insekten holen, die sie quasi fangen und verdauen.

Zu jedem Haus scheint hier auch ein Hund zu gehören. Sie begrüßen uns meist freundlich. Manche wollen gestreichelt werden – allerdings sind sie triefend nass, denn es regnet in Strömen.

Aber wie an vielen Orten der Welt gibt es eben auch in Patagonien kein falsches Wetter, sondern nur falsche Kleidung. Wasserdichte Regenhose ist zum Zodiacfahren ohnehin sinnvoll, an den Polarparkas von Hapag-Lloyd Cruises perlt der Regen zwar nicht ab, aber man bleibt innen trocken.

Dennoch haben wir nach einer guten Stunde genug von dem Dauerregen und setzen wieder zur Hanseatic Nature über.