Morgens vom Klang der Schiffsglocke geweckt zu werden, ist nicht nur ein neues Erlebnis für mich, es hat auch sehr viel Stil. Die Running on Waves legt kurz nach 7 Uhr in Patras ab, setzt Segel und gleitet über das ruhige, Ionische Meer in Richtung Ithaka.
Einige der 14 Passagiere machen an Deck erst einmal Yoga, während die anderen ein Deck tiefer am Heck im Freien schonmal mit dem Frühstück beginnen. Eingedeckt war eigentlich im Salon nebenan – die Passagiere auf der Reise vor uns haben lieber innen gefrühstückt. Aber die Crew ist da flexibel: Schnell ist der Tisch draußen eingedeckt und morgen früh sollen sogar noch zwei zusätzliche Tische draußen stehen, damit alle Platz haben.
Der Vormittag beginnt mit einem Highlight der Segel-Kreuzfahrt: Mastklettern. Gut mit Klettergurten und Seil gesichert geht es hinauf ins Krähennest und rund 20 Metern Höhe im vorderen Mast. Einen kleinen Eindruck davon, wie sich das dort oben anfühlt, gibt das interaktive 360-Grad-Panoramafoto:
(Vollbild-Modus lässt sich mit dem Button rechts unten aktivieren/deaktivieren.)
Von dort oben gibt’s einen Ausblick über das ganze Schiff von oben, vor allem aber in die Ferne bis zum Horizont und eine frische Brise Wind um die Nase.
Ithaka – die Heimatinsel von Odysseus
Mittags ankert die Running on Waves in einer kleinen Bucht vor der Insel Ithaka, der Legende nach die Heimat von Odysseus. Archäologische Beweise gibt es dafür allerdings nicht. Mit den beiden Rib-Booten fahren uns die Matrosen hinüber in die Nachbarbucht zum Hauptort der Insel, Vathy.
Der Wind ist etwas aufgefrischt und so spritzt immer wiedermal ein wenig Gischt über unsere Köpfe. Auf der Rückfahrt wird es noch etwas feuchter. Aber auch das macht den Reiz einer Segelkreuzfahrt aus. Im Hafen legen wir dafür ganz mondän als Passagiere der großen Segelyacht an, die da draußen in der Bucht liegt. Für die Rückfahrt zur Running on Waves genügt ein kurzer Handy-Anruf bei Cruise-Direktorin Claudia, die sofort eines der beiden Rib-Boote losschickt, um uns abzuholen.
Was wir auf Ithaka eigentlich geplant hatten, war eine kleine Wanderung zu einer Quelle mit dem Namen Arethoussa. „Geplant“ deshalb, weil wir dort nie ankamen … Der Weg führt uns entlang der Uferpromenade von Vathy, dann aus dem Ort hinaus, vorbei an Bauernhäusern, Weinbergen und Olivenhainen, in denen Schafe grasen. Nach eine Stunde zweigt ein gut gepflegter Fußweg in ein Tal ab.
Sonderlich weit kommen wir hier allerdings nicht: Spinnen haben nämlich alle paar Meter ihre Fäden und Netze über den Weg gespannt. Erst jeweils im letzten Moment sieht man die seidenen Kunstwerke mit ihren Besitzerinnen in der Mitte. Das zehrt auch dann irgendwann an den Nerven, wenn man kein Arachnophobiker ist. Wir brechen die Wanderung ab und beobachten stattdessen mit ein wenig Respekt und viel Hochachtung die Kunst der Spinnen beim Bau ihrer Netze.
Am Rückweg machen wir einen kleinen Abstecher einen schmalen Weg bergauf durch die Macchia. Es duftet intensiv nach Salbei und anderen Kräutern. Die Nachmittagssonne ist an diesem Tag im Mai schon angenehm warm. Plötzlich kracht es im Unterholz kracht vor uns. Ein großer Ziegenbock bricht aus dem Gebüsch, erschrickt noch mehr als wir selbst und nimmt Reißaus.
Zwischen den Olivenbäumen steht eine dieser für Griechenland so typischen Miniatur-Kirchen, ähnlich wie bei uns Wegkreuze. Wir genießen den Blick von oben auf Vathy und die Bucht davor.
Nach rund 14 Kilometern Fußweg und dem Spinnen-Abenteuer fällt mir auf, wie schnell man sich an diese Art von Kreuzfahrt abseits der großen Schiffe und Häfen gewöhnen kann, ohne großes Sightseeing, einfach nur die Natur und die Abgeschiedenheit genießen.
Zurück am Schiff gibt es Abendessen, so bodenständig gut, dass ich es nach der Reise noch lange vermissen werde. Der Küchenchef der Running on Waves, ein Grieche, versteht sich darauf, die eigentlich recht einfachen griechischen Gerichte perfekt und immer mit ein wenig Raffinesse zuzubereiten. Heute: frisch eingekaufte, im Ganzen gegrillten Barsche.
Außerdem gibt’s so etwas die griechische Variante des italienischen Ossobuco: geschmortes Schweinefleisch aus der Haxe, sehr fein und zart.