Gleissende Sonne, leuchtend weiße Schneefelder, blaues Eis – das Wetter meint es gut mit uns. Selten ist die See hier ruhig. Der Anblick dieser unberührten Eiswelt entschädigt für die etwas unangenehme Fahrt durch die Dänemarkstraße.
Um die Schönheit diese Landschaft zu beschreiben, fehlen mir ein wenig die Worte.
Die Sonne strahlt vom Himmel, wir sitzen zum Mittagessen draußen an Deck – mit Mütze und Handschuhen geht das trotz Lufttemperatur von etwas Null Grad ganz gut. Kaum jemand will jetzt irgendwo innen im Schiff sein, fast alle 96 Passagiere sind auf den Außendecks.
Mit Zodiac-Schlauchbooten fahren wir am Vormittag eine Stunde lang durch die Eisfelder, kommen einem großen Tafel-Eisberg ganz nahe. So riesige Eisberge sind selbst hier in Ostgrönland eher selten und sobald wir in die Fjorde fahren, werden wir wohl eher kleine Eisberge und Eisbrocken sehen. Aber hier können wir erst einmal diesen beeindruckenden Koloss bewundern. Das Video gibt einen Eindruck von dieser Zodiac-Fahrt:
Am Nachmittag tastet sich die Sea Spirit langsam und vorsichtig durchs Eis und es sieht so aus, als wäre das Eis zu dicht, als dass wir unser ursprüngliches Tagesziel Myggbukta für eine Anlandung erreichen können. Aber Kapitän Yaroslav Gonta hat noch nicht aufgegeben und sucht einen Weg durch die großen und kleinen Eisberge in Richtung Myggbukta und Kejser-Franz-Joseph-Fjord.
Myggbukta – Die „Mückenbucht“
Gut, dass wir hier nicht im Juli sind, sagt unsere Expeditionsleiterin Anja. Sie wird wohl Recht haben, denn „Myggbukta“ heißt auf Deutsch: Mücken-Bucht. Jetzt im September ist von Mücken nichts mehr zu sehen, der Herbst neigt sich schon dem Ende zu. Der erste Schneefall lässt hier im Nationalpark im Nordosten von Grönland nicht mehr lange auf sich warten.
Die Anlandung fällt etwas kürzer aus als geplant, denn kurz bevor wir hier ankommen, hatte das Expeditionsteam einen Eisbären eine Meile entfernt von unserem Anlandeplatz entdeckt. Der lief zwar schnell in die andere Richtung, aber ein Risiko will natürlich niemand eingehen – obwohl wir uns insgeheim wünschen, der Bär könnte noch einmal zurückkommen, damit wir ihn sehen.
In Myggbukta steht eine historische Fallensteller-Hütte, die bis heute regelmäßig von der Sirius-Hundeschlitten-Patrouille der dänischen Marine genutzt wird. Hier haben norwegische Fallensteller Anfang des 20. Jahrhunderts den Aufstand geprobt, die norwegische Flagge gehisst und Ostgrönland für Norwegen okkupiert. Freilich ließen sich die Dänen das nicht gefallen und der Internationale Gerichtshof in Den Haag gab ihnen Recht. Seitdem hat nie wieder jemand in Frage gestellt, dass Grönland zu Dänemark gehört.
Mehr Nordlichter
Der Himmel ist den ganzen Tag über klar, da sind Nordlichter in der Nacht sehr wahrscheinlich. Und tatsächlich müssen wir nur bis 23 Uhr warten, bis die gespenstisch grünlich leuchtenden Irrlichter über den schneebedeckten Bergen am Eingang zum Kejser-Franz-Joseph-Fjord auftauchen.
Diesmal gelingen die Fotos ein wenig besser als am ersten Abend, aber Langzeitbelichtungen von einem fahrenden Schiff aus ergeben natürlich nie perfekte, scharfe Fotos. Dennoch zeigen die Bilder von diesen Nordlichtern, welch faszinierendes Schauspiel dieses Himmelsphänomen ist.