Ein sanft abfallender, weiter Tundra-Hang erwartet uns in Kap Maechel. Der Platz lädt zu einem ausgiebigen Spaziergang ein. Auf einem Hügel finden wir eine alte Fuchsfalle, mit der Trapper einst Polarfüchse fingen. Erst 1974 war das verboten worden.

Auch wenn wir seit dem Beginn unserer Reise nur etwas einen Breitengrad weiter südlich sind, ist die Vegetation schon deutlich üppiger, die Pflanzen sind ein wenig höher, arktische Weiden haben so etwas wie einen kleinen Baumstamm.

Dennoch findet man auch hier nur flach wachsende, kriechende Pflanzen, deren Laub jetzt im September in bunten Herbstfarben leuchtet. Viele der Pflanzen hier sind der Gattung nach Bäume, zum Beispiel Weiden oder Birken. Sie kriechen bei diesen Klimabedingungen aber lediglich am Boden entlang und haben keinen richtigen Stamm.
Am Ufer steht eine winzige Schutzhütte, in die offenbar ein Eisbär eingebrochen ist. Kratzspuren am Fenster deuten ebenso darauf hin wie die Tatsache, dass das Innere der Hütte verwüstet ist und sich auch einige Büschel Eisbären-Fell an den groben Holzbrettern der Inneneinrichtung verfangen haben.
Per Zodiac zum Selfstrom-Gletscher

Den Selfstrom-Gletscher am Ende des Alpefjords erkunden wir mit dem Zodiac. Besonders faszinierend an diesem Gletscher: Die Gletscherzunge ragt zwar weit in die Bucht hinein, aber zumindest mit dem Zodiac ist genug Platz, um zwischen den hoch aufragenden Bergen auf der einen und dem Gletscher-Abbruch auf der anderen Seite hindurch zu fahren zu einer kleinen Bucht dahinter.
Bislang haben wir auf dieser Grönland-Reise mit der Sea Spirit nur sehr wenige Tiere gesehen, doch hier zeigt sich zumindest einmal ein Schwarm Vögel und ganz kurz steckt auch eine neugierige Robbe ihren Kopf auf dem türkisgrünen Wasser – ist allerdings schneller wieder abgetaucht, als die Kamera bereit ist.
In aller Ruhe können wir dagegen den Gletscher und die Eisberge mit ihren vielfältigen Formen davor fotografieren und die Sonne in dem Fjord zwischen Gletscher und hohen Felswänden genießen. Bis zum 2.000 Meter hoch ragen die Berge hier im Alpefjord aus dem Wasser auf.
Sonnenuntergang und Gletscher-Cocktail

Der Tag klingt mit einem spektakulären Sonnenuntergang hinter den schroffen, schneebedeckten Bergen des Kong-Oscar-Fjords aus. Das spiegelblanke Wasser reflektiert die Berge so klar, dass Original und Spiegelung sich kaum unterscheiden lassen.

An der Bar genießen wir einen Rum (in meinem Glas: Mount Gay) mit einem großen Brocken Gletscher-Eis, das wir bei der Zodiac-Fahrt vor dem Selfstrom-Gletscher am Nachmittag aus dem Wasser gefischt haben. Hoteldirektor Vincent hat den Eisbrocken persönlich im Gefrierschrank der Bar bis zum Abend für uns aufbewahrt.
Das Eis knistert beim Tauen leise vor sich hin und gibt dabei Jahrtausende alte Luft aus kleinen Einschlüssen im Eis frei – ein einmaliges Geräusch, auch wenn einen die Mitreisenden für ein wenig seltsam halten, wenn man sich das Glas ans Ohr hält statt darauf zu trinken.
Über Nacht liegen wir nahe der Ausfahrt des Kong-Oscar-Fjords zur Dänemarkstraße. Eine Barriere aus Eis wird die Durchfahrt schwierig machen, deshalb wartet der Kapitän auf Tageslicht, um einen Weg zwischen den riesigen Eisschollen zu suchen.