Essen und Service – diese zwei Dinge entscheiden auf einer Kreuzfahrt besonders über Wohlfühlen und positive Erinnerungen. Auf der Europa, einem der luxuriösesten Kreuzfahrtschiffe der Welt, haben wir uns beides während unserer knapp zweiwöchigen Mittelmeer-Reise Ende September 2016 genau angesehen.
Vorweg geschickt: Service zu bewerten, ist gar nicht so einfach. Subjektives Empfinden, individuelle Vorstellungen von „gutem Service“ und selbst Kleinigkeiten bis hin zu einem einzigen, unangenehmen Vorfall in einer sonst perfekten Umgebung können bei Passagieren zu sehr unterschiedlichen Fazits führen.
Ein objektives „besser“ oder „schlechter“ gibt es daher nicht – egal wie sehr beispielsweise Hapag-Lloyd Cruises‘ amerikanischer Konkurrent Regent Seven Seas Cruises betont, mit der Seven Seas Explorer „das luxuriöseste jemals gebaute Schiff“ zu haben. Das ist eben subjektiv, je nach Ansprüchen und Vorstellungen von Service. Aber die meisten Deutschen würden den Service der Europa wahrscheinlich als „besser“ empfinden.
„Deutsch“ als Wohlfühlfaktor
Die Europa hat für den deutschen Markt nämlich mindestens einen großen Vorzug: Crew und Service sind im deutschen Kulturraum verwurzelt, nahezu alle Kellner und Barkellner sind gebürtige Deutsche oder Österreicher. Im Vergleich zu international und amerikanisch geprägten Schiffen ist das ganz unabhängig von den Englisch-Kenntnissen eines Passagiers ein wichtiger Wohlfühlfaktor. Es schafft eine gewisse Grundvertrautheit, eine gemeinsame Basis im Umgang, vermeidet kleine Peinlichkeiten und schafft Nähe. Es verzeiht auch mal einen kleinen Ausrutscher (selbigen wir auf der Europa aber ohnehin nahezu nie erlebt haben), weil man sich besser versteht.
Neben diesem Wohlfühl-Faktor haben wir den Service auf der Europa auch handwerklich als makellos erlebt: Die Crew insbesondere in den Restaurants und an den Bars ist extrem aufmerksam, ohne aber aufdringlich zu wirken oder auffallend präsent zu sein. Der Umgangston ist locker und fröhlich, aber immer korrekt und berücksichtigt auch die Vorlieben der Gäste – mal eher formell, mal fast freundschaftlich. Die Kellner merken sich sehr schnell nicht nur die Namen ihrer Gäste, sondern auch Gewohnheiten etwa bei der Getränkewahl, selbst im Lido Café mit freier Tischwahl und dadurch immer wechselnden Kellnern.
Service: aufmerksam, schnell, fröhlich
Die Crew-Mitglieder kommunizieren intensiv untereinander und verteilen Aufgaben dynamisch, sodass man selbst zu Stoßzeiten oder wenn mal etwas schief geht, dennoch nahezu nie auf irgendetwas länger warten muss. Selbst wenn es mal richtig eng wird, machen die Kellner einen souveränen Eindruck, wirken nie gehetzt oder gestresst.
Fehlt ein Dessert-Löffel am Tisch, merkt das der Kellner schon, während der Passagier noch mit seinem Dessert-Teller noch auf dem Weg vom Buffet zu seinem Tisch unterwegs ist. Ein „ich bin nur für die Getränke zuständig, fragen Sie doch meinen Kollegen, der das Essen bringt“ hört man auf der Europa generell nicht. Egal, wer gerade in der Nähe ist – er oder sie kümmert sich um jeden Wunsch direkt.
Besonders beeindruckt hat mich die Kompetenz und Bereitschaft zur Problemlösung. Das klingt ein wenig theoretisch, deshalb ein Beispiel: Für den „Europas Beste“-Event waren den ganzen Tag über umfangreiche Auf- und Umbau-Arbeiten am Pool-Deck und im Lido Café nötig. Wer in Palma de Mallorca an Bord blieb, musste mit Einschränkungen umgehen – nicht schön, aber unvermeidlich. Einer Passagierin ging das so auf die Nerven, dass sie demonstrativ mitten in den Umbau de Lido Café hinein platzte, wo die Kellner alle Hände voll zu tun hatten, Tische umzustellen und zu dekorieren. Dennoch wollte sie unbedingt ihren dort sonst üblichen Nachmittags-Kaffee haben. Statt nun mit der Schulter zu zucken und auf das Offensichtliche hinzuweisen, überredete der Restaurantleiter die Passagierin, sich ein Deck höher an die Sansibar mit schönem Blick über den Hafen zu setzen. Zugleich schickte er eine Kellnerin ans andere Ende des Schiffs in die Belvedere Lounge (wo es an diesem Tag regulär den Nachmittags-Kaffee gab), um einen Cappuccino und zwei Arme voll Teller mit unterschiedlichen Kuchen und Sandwiches zu bringen. Unter den schwierigen Umständen fand er damit die perfekte Lösung und konnte die Passagierin weitgehend besänftigten.
Essen und Restaurants
Besonders hoch sind die Erwartungen an das Essen und die Restaurants auf einem so luxuriösen Kreuzfahrtschiff wie der Europa.
Im Gegensatz zur sehr modernen Europa 2 präsentieren sich die Restaurants in eher konservativ-traditionellem Look. Auf einem aktuellen Neubau würde man die Restaurants vermutlich ein wenig anders anordnen und gestalten, aber die großen Fenster mit wunderbarem Blick aufs Meer vor allen in den Spezialitätenrestaurants Venezia und Dieter Müller wiegen das locker auf.
Lido Café
Etwas, das nur ein so kleines Kreuzfahrtschiff bieten kann, ist ein großes Highlight der Europa: der Außenbereich des Lido Cafés, teils zeltartig überdacht und mit für kühlere Momente mit Wärmestrahlern ausgestattet, teils aber auch direkt unter freiem Himmel. Vom Frühstück in der Morgensonne über das Mittagessen mit Blick aufs Meer oder den Hafen bis zum romantischen Abendessen im Sonnenuntergang und später bei Kerzenschein unterm Sternenhimmel ist das Lido Café ein besonders Erlebnis.
Abends sollte man eine Tisch reservieren, insbesondere für die „Erlebnisküche“-Themenabende mit großer Menüfolge, beispielsweise „Klassiker der Kreuzfahrt“ oder „Italien“. Aber zum Frühstück und Mittagessen findet sich hier eigentlich immer auch spontan ein Platz. Neben dem umfangreichen Buffet im Innenraum hat das Lido Café außen seitlich eine Grillstation, an der es zum Frühstück Eierspeisen, mittags Fleisch, Fisch und Pasta gibt – jeweils frisch und auf den Punkt vor den Augen des Gastes gekocht, gebraten oder gegrillt.
Der Innenbereich des Lido Cafés ist zwar recht gemütlich, von der Raumaufteilung aber nicht übermäßig attraktiv. Mit dem sensationell schönen Außenbereich kann dieser Teil des Restaurants einfach nicht mithalten.
Europa Restaurant
Das Hauptrestaurant „Europa“ ist ein angenehm offen und großzügig gestalteter Raum, mit opulenten, aber filigranen Leuchtern, klassisch, elegant, ausgewogen und nicht überladen im Design.
Die Tische sind mit frischen Blumen geschmückt und abends kann man das Dinner tatsächlich bei echtem Kerzenschein genießen – was für eine Seltenheit auf einem Kreuzfahrtschiff heutzutage. Natürlich ist die Kerzenflamme gut durch Glas abgeschirmt, also kein Anlass zur Sorge.
Klassisch haben die Passagiere im Europa-Restaurant ihren Stammplatz, teils an Zweier-, Dreier- oder Vierertischen, aber auch an größeren Tafeln mit acht Plätzen. Der Maitre’d ist einem Platzwechsel natürlich behilflich, wenn es mit den Tischgenossen mal nicht so passt.
Schon der Speisekarte sieht man an, dass bei Hapag-Lloyd Cruises gleich mal etwa das fünffache Budget für Lebensmittel pro Passagier zur Verfügung steht wie auf einem Massenmarkt-Kreuzfahrtschiff. Wirklich guter Kaviar, Hummer, große Garnelen gehören ebenso zum Programm wie exzellente Fleischqualität bei Steaks. Für das Schoko-Desserts wird natürlich Valrhona-Schokolade verarbeitet und zum Sorbet gibt’s immer einen ordentlichen Schuss Champagners.
Viel mehr gibt’s zur Qualität des Essens auch schon nicht zu sagen: höchstes Niveau, fantasievolle Gerichte, immer auf den Punkt gegart. Es schmeckt so gut, wie es aussieht.
Restaurant Dieter Müller
Ebenso wie das Venezia ist das Restaurant von Dieter Müller im Reisepreis inklusive, lediglich um eine Reservierung sollte man sich – vor allem auf kürzeren Reisen – rechtzeitig kümmern, denn das Restaurant ist nicht allzu groß.
Mit Dieter Müller hat Hapag-Lloyd Cruises schon vor Jahren einen Koch gewonnen, der sich 1997 mit dem Schlosshotel Lerbach in Bergisch Gladbach (wo er bis 2009 tätig war) drei Michelin-Sterne und 19,5 Gault-Millau-Punkte erkocht hat.
Anders als Spitzenköche auf vielen anderen Kreuzfahrtschiffen, die im Wesentlichen ihren Namen für ein Restaurant hergeben und ein wenig am Konzept und den Menüs mitarbeiten, ist Dieter Müller häufig persönlich an Bord – laut Hapag-Lloyd Cruises etwa 70 Tage im Jahr.
Zweifelsfrei auf Sterne-Niveau liegt das Restaurant Dieter Müller, auch wenn Michelin Restaurants auf Kreuzfahrtschiffen nicht testet und formell daher keine Sterne vergeben werden. Die Gerichte sind wahre Kunstwerke, manche so schön, dass man sich kaum traut, die Gabel anzusetzen und das Ensemble am Teller zu zerstören.
Damit der Passagier immer genau weiß, was er gerade isst, gibt’s keine große Menükarte, sondern stattdessen am Tisch einen Ständer mit kleinen Karten, auf denen das jeweilige Gericht ausführlich beschrieben ist – zu jedem der vielen Gänge eine eigene Karte. Zum Abschluss des Dinners gibt’s ein passendes Kuvert zum Mitnehmen für die Speise-Kärtchen.
Venezia
Das Venezia ist neben dem Restaurant Dieter Müller ein eher heimlicher Star: feine, italienische Küche, die durchaus ebenfalls einen Stern verdient hätte. Entsprechend sinnvoll ist es, auch hier rechtzeitig zu reservieren.
Besonders schön ist im Venezia das wirklich italienische Ambiente. Der Restaurantleiter ist durch und durch Italiener, die Kellner sprechen nicht nur italienisch, sondern vermitteln auch den wunderbaren Charme eines guten, italienischen Ristorante. Das wirkt keineswegs aufgesetzt oder albern, sondern absolut authentisch. Wenn der Gast lieber Deutsch spricht, ist das natürlich kein Problem.
Neben der Standard-Karte gibt es im Venezia während einer Reise auch Themen-Abende. Auf unserer Reise beispielsweise „Umbrien“, „Toskana“, „Sizilien“ oder „Ligurien“, an denen dann zusätzlich einige Spezialitäten aus der jeweiligen Themen-Region im Angebot sind. Für Italien-Liebhaber ein Traum.
Dies und Das: Restaurants, Getränke, Eis und Pralinen
Damit man bei dem sehr umfangreichen Angebot aus Specials und verschiedenen Menü-Variationen der insgesamt vier Restaurants auf der Europa kein Highlight verpasst, gibt es am Anfang der Reise einen „kulinarischen Fahrplan“. Er listet für jeden Tag der Reise die geplanten Spezials und Schwerpunkt der Restaurants auf.
Auf dem preislichen Niveau der Europa kein wirkliches Problem, aber zumindest ein wenig verwirrend ist das Thema Getränke und Getränkepreise. Einerseits gibt es bei jeder Gelegenheit Champagner im Überfluss, Getränke aus der Minibar sind ebenso kostenfrei wie Wasser und Softdrinks bei der Ausschiffung zu Landgängen. Andererseits kostet dann aber eine Literflasche Wasser in den Restaurants beeindruckende fünf Euro. Die Weine auf der (umfangreichen und exzellenten) Weinkarte sind wiederum auf einem sehr fairen, fast schon günstigen Niveau.
Sehr schön – und für sicherlich ein oder zwei Pfund Gewichtszunahme verantwortlich – ist die sehr feine Eiscreme im Lido Café und die vielen, leckeren Pralinen. Letzteren kann man kaum widerstehen, wenn sie zur Selbstbedienung am Buffet liegen. Und wenn es einem dann doch einmal gelingt, versorgt einen garantiert eine Kellnerin ganz automatisch mit einem kleinen Teller Pralinen nach dem Mittag- oder Abendessen zum Cappuccino oder Tee.
Fazit
Insgesamt lässt die Europa beim Service und dem Essen keine Wünsche offen. Wohler kann man sich auf einem Kreuzfahrtschiff kaum fühlen.
Die Besatzung inklusive Kreuzfahrt-Direktor David Wilms, Hotel-Direktor Josef Gruber und Kapitän Mark Behrend kümmern sich zugleich liebevoll und mit Stolz um ihre Passagiere, sodass der Abschied von der Europa und ihrer Besatzung am letzten Tag durchaus melancholisch stimmt – selbst wenn man sehr viel auf Schiffen unterwegs ist und einen das Ende einer Kreuzfahrt emotional nicht sonderlich berührt, normalerweise jedenfalls.
Einen sehr ausführlichen Bericht von unserer Reise auf der Europa durchs westliche Mittelmeer finden Sie übrigens auch auf Carmens Cruise Diary („Genießerreise mit MS Europa“) inklusive noch mehr Details zum Schiff selbst, den Restaurants und täglichen Menüs dort. Einen ausführlichen Test zu unserem persönlichen Lieblingsplatz an Bord der Europa, der Gatby’s Cocktailbar, haben wir auf dem Passagen Blog von Hapag-Lloyd Cruises (inzwischen leider nicht mehr online) veröffentlicht. Und hier bei cruisetricks.de haben wir bereits über noch mehr Lieblingsplätze auf der Europa berichtet.