Mit Capri verbindet man seit jeher die geradezu kitschigen Bootsausflüge zur Blauen Grotte. Auch wenn ich schon oft auf Capri war, habe ich die Blaue Grotte immer gemieden. Doch mit der Chronos ankern wir direkt vor der Grotte, morgens kurz vor 9 Uhr. Das kann man nicht ignorieren …
Ich habe nie die Lust auf diese Art von Massentourismus verspürt, mich in die Touristenboote zu setzen und in einer langen Reihe von Booten dorthin zu fahren und sich vor der Grotte drängeln, womöglich zwei Stunden zu warten, bis man endlich hinein darf.
Diesmal ist das anders. Zum einen sind auch hier in Zeiten von Covid-19 weniger Besucher. Zum anderen erreichen wir die Blaue Grotte mit der Chronos morgens, bevor der allgemeine Touristenandrang beginnt. Vor kleinen Booten und Ausflugsbooten, die von der Marina Grande herüberfahren, wimmelt es plötzlich dennoch. Wir haben in den zwei Dinghis der Chronos gewartet und steigen jeweils zu viert in die winzigen Ruderboote um.
Nach einem Zwischenstopp am Kassen-Boot geht es in die Grotte, indem der Bootsführer sein Boot an einer Kette in die Grotte hineinzieht, die von der Decke des nur 1,5 Meter hohen Eingangslochs hängt. Wir müssen uns flach ins Boot legen, um nicht mit dem Kopf am Fels anzustoßen. Acht oder zehn Boote sind gleichzeitig in der Grotte und mehr passen auch kaum hinein. Die Bootsführer singen Bruchstücke schmalziger, italienischer Lieder. Es herrlich bizarr.
Aber die Blaue Grotte ist an sich ist durchaus sehenswert. Die dunkel-türkisblauen Reflexionen des Wassers in der Grotta Azzurra entstehen durch den Einfall von Tageslicht durch einen tiefer unter Wasser liegenden, früheren, viel größeren Eingang zu der Grotte aus der Zeit der Römer, als dieser Eingang noch höher und teils über Wasser lag. Der heutige Zugang ist eher ein kleines Loch im Felsen.
Die Höhle ist 52 Meter lang, 30 Meter breit. Die Wassertiefe liegt bei etwa 15 Metern. Die Grotte wurde in der Antike als Nymphäum genutzt, einem Nymphenheiligtum, das gewöhnlich über einem Brunnen oder einer Quelle errichtet wurde. Aber eben auch natürliche Grotten dienten als solche Heiligtümer. 1826 soll der deutsche Dichter August Kopisch die Grotta Azzurra wiederentdeckt und damit den bis heute anhaltenden Touristenstrom zu der Grotte ausgelöst haben.
Die Stimmung eines Nymphenheiligtums hat die Grotte sicherlich nicht, aber das Touristenspektakel dort zu erleben, ist auch für sich genommen ein kleines Abenteuer. Die Diskussion im das vorgeblich zu niedrige Trinkgeld nach der Grotten-Tour mit dem Bootsführer gehört ebenfalls dazu und ist wohl Teil des Rituals, das dem Besuch der Grotta Azzurra seinen besonderen Charakter gibt.