Cienfuegos oder Trinidad? Beim Cienfuegos-Hafenstopp der Celestyal Crystal fällt die Wahl zwischen zwei Städten mit Weltkulturerbe wahrlich nicht leicht. Trotzdem haben wir mit einem langen Spaziergang durch Cienfuegos für uns die richtige Wahl getroffen …
Die Einfahrt nach Cienfuegos ist spektakulär: Die Stadt liegt an einer fast rundum von Land eingeschlossenen Bucht, nur ein schmaler, kanalartiger Wasserweg führt hier hinein. In der geschützten Bucht spiegelt sich die aufgehende Sonne rotgolden. Vor Anker liegt das Segel-Kreuzfahrtschiff Star Flyer und einige andere Boote, die Mondsichel steht über der Silhouette der Berge im Hintergrund.
Wir gehen auf eigene Faust an Land. Schon zwei Straßenzüge außerhalb des Hafens tauchen wir ins wirkliche Leben Cienfuegos ein. Sobald wir die vielen Fahrrad- und Oldtimer-Taxis hinter uns gelassen haben, die den Kreuzfahrern ihre Guide-Dienste anbieten, sind wir die einzigen Touristen weit und breit.
Pferdekutschen klappern an uns vorbei, die Kubaner gehen ihren Geschäften nach oder halten an der Haustür ein Schwätzchen, uns beachten sie nicht weiter. Auch in Cienfuegos ist selbst in den Seitenstraßen zu sehen, wie prächtig die Städte Kubas in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts gewesen sind.
Bis zum Hauptplatz, dem Plaza de Armas, sind es vom Anleger aus nur etwa 20 Minuten gemütlichen Fußwegs. Spätestens auf diesem großzügigen Platz versteht, warum die Unesco die historische Altstadt 2005 als Weltkulturerbe erkannt hat: mit einem Triumphbogen, den französische Siedler in Erinnerung an ihre Heimat hier erreichtet haben, mir einer Statue des Nationalhelden Jose Marti, der Kathedrale und einigen weiteren Prachtbauten.
Das wunderbare Teatro Tomas Terry
Am meisten begeistert mich jedoch das Teatro Tomas Terry, mit seiner neoklassizistischen Fassade und seinem wunderbaren, kolonialen Flair im Inneren im ausgehenden 19. Jahrhundert entstanden.
Ein Theater mit verzierten Holz-Klappsitzen auf mehreren Ebenen, einem großen Deckengemälde, golden verschnörkelter Bühneneinfassung und nach allen Seiten hin jalousienenartig offen, um an heißen Tagen den Innenraum durch Luftzirkulation zu kühlen.
Wären die Touristen in moderner Kleidung nicht da, würde man sich schlagartig hundert Jahre in der Zeit zurück versetzt fühlen. Das Teatro Tomas Terry ist eines dieser Orte, bei denen ich als Reisender mit stauenden Augen, offenem Mund und einer kleinen Freudenträne auf der Backe gerne die Zeit anhalten und nicht mehr gehen möchte.
La Punta und der beste Mojito Kubas
Wir gehen zurück zur Uferstraße und die breite Paseo el Prado bis zu ihrem Ende an der Spitze der Landzunge, die La Punta heißt. An heißen Tagen kann man die Strecke auch per Fahrrad-Taxi zurücklegen, aber ein wenig Bewegung schadet bei dem viele, guten Essen an Bord der Celestal Crystal auch nicht.
Auf dem Weg dorthin kommen wir an einigen prachtvollen Villen vorbei. An der Spitze der Halbinsel steht ein feines Hotel mit frei zugänglichem Garten, schattigen Bäumen, einem ins Meer ragenden, runden Pavillon und einer exzellenten Bar.
Wieder ist es noch nicht einmal Mittag, als wir der Versuchung nicht widerstehen können: Der Barkeeper bereitet seine Mojitos mit solcher Hingabe zu, dass wir einen probieren müssen.
Wir werden nicht enttäuscht. Dieser Mojito kommt ganz ohne Sodawasser oder gar Sprite aus, ist zwar sehr kräftig, aber der mit Abstand beste Mojito, den wir während unserer gesamten Kuba-Reise getrunken haben.
Zum Mittagessen gehen wir in das benachbarte Restaurant „Villa Lagarto“, das uns ein Freund empfohlen hat. Wir bekommen einen Platz mit direktem Blick aufs das spiegelglatte Meer, ein leichtes Lüftchen macht die Mittagshitze angenehm, gelegentlich fliegt eine Möwe vorbei, tuckert ein Fischerboot übers Wasser.
Wir lernen zum ersten Mal auf dieser Reise hautnah das großzügige, kubanische Zeitgefühl kennen.
Eine halbe Stunde würden die gegrillten Schweinerippchen dauern, sagt der Kellner. Die Zeit haben wir. Aber um 14:30 Uhr müssen wir zurück am Schiff sein. Aus der halben werden zwei Stunden. Nicht, dass uns die Wartezeit lang geworden wäre. Aber langsam wurde sie sehr knapp. Meine Rippchen waren nach der langen Zeit am Grill perfekt, Carmens Spieß mit Gemüse und Hühnchen hatte dagegen schon etwas Kohle angesetzt.
Der Hauptgang kam gerade noch rechtzeitig und sogar für einen schnellen Kaffee reichte die Zeit noch. Dann waren wir froh, dass uns gleich vor dem Restaurant der Beifahrer eines klapprigen Oldtimers ansprach.
Kaum saßen wir auf der Rückbank kam die ängstliche Bitte: „For the police, we are no taxi, okay?“ – „Okay, si, claro.“ Wir saßen in einem Privatauto ohne Taxilizenz. Wie der Fahrer bei einer Polizei-Kontrolle erklärt hätte, warum zwei fremde Menschen in einem Auto sitzen, mit denen er sich noch nicht einmal in der gleichen Sprache verständigen konnte, mussten wir erfreulicherweise nicht herausfinden.
Es gibt nur wenige Länder, in denen man sich bei so etwas nicht die geringsten Sorgen um ein Wohlergehen machen muss. In Kuba geht das problemlos. Die beiden brachten uns bis kurz vor den Kreuzfahrthafen, wir zahlten fünf Euro noch während der Fahrt, bedacht darauf, unauffällig zu bleiben.
Die Pelikane von Cienfuegos
Ein eigenes, kleines Kapitel will ich den Pelikanen widmen. Die konnten wir am Morgen gleich nach dem Anlegen ausgiebig vom Schiff aus bei der Jagd beobachten. Auch dieser Moment in Cienfuegos wird mir lange in Erinnerung bleiben. Für mich gibt es kaum etwas eleganteres und liebenswerteres als diese wunderschönen Wasservögel, denen man ihre kühnen Flugmanöver auf den ersten Blick nicht zutrauen würde.
Ein paar der Pelikan-Fotos habe ich übrigens noch hinzugefügt, die nicht aus Cienfuegos, sondern vom Strand in Varadero stammen. Dort zog jeden Abend ein Pelikan seine einsamen Bahnen auf der – durchaus sehr erfolgreichen – Suche nach Fisch.