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Nachgefragt: Wie steht’s um den Umweltschutz bei MSC Cruises?

Bei Umweltschutz in der Kreuzfahrt dachte man bisher spontan eher nicht an MSC. Doch die Reederei geht dieses Thema auch öffentlich zunehmend intensiv an. Einige bemerkenswerten Aspekte deuten darauf hin, dass MSC den Umweltschutz ernst nimmt.

Auf der MSC Bellissima präsentierte MSC dieses Thema ausführlich. Das habe ich zum Anlass genommen, etwas genauer hinzusehen und nachzufragen. Denn aufhorchen ließ MSC beispielsweise schon vor knapp zwei Jahren mit der Ankündigung, das für 2023 geplante, dritte Schiff der laufenden Baureihe der Meraviglia-Plus-Klasse für den Betrieb mit Flüssigerdgas (LNG) umzuplanen.

Das klingt zunächst nicht sonderlich spektakulär, ist aber ein großer, finanzieller Aufwand, den Reedereien typischerweise nicht innerhalb einer bereits fertig geplanten und schon im Bau befindlichen Schiffsklasse betreiben (MSC Grandiosa im November 2019, Virtuosa im September 2020).

Experte mit Erfahrung bei Clia und US Coast Guard

Im Juli 2017 holte sich MSC mit Bud Darr einen sehr erfahrenen Mann, der sich mit Umweltschutz im Unternehmen beschäftigt, aber auch mit der Kommunikation dieser Themen nach außen. Er ist sowohl für die Kreuzfahrt- als auch die Fracht-Sparte von MSC zuständig. Sein offizieller Titel lautet Executive Vice President, Maritime Policy and Government Affairs, MSC Group.

Bud Darr, Executive Vice President, Maritime Policy and Government Affairs, MSC Group
Bud Darr, Executive Vice President, Maritime Policy and Government Affairs, MSC Group

Bud Darr war davor sieben Jahre lang Senior Vice President of Technical and Regulatory Affairs beim Branchenverband Clia und davor über 15 Jahre lang in verschiedenen Positionen bei der US Coast Guard. Unter anderem war er dort Deputy Chief of Maritime & International Law und vertrat die Interessen der USA bei der International Maritime Organization (IMO).

Kurzinterview: „Was hat sich bei MSC beim Umweltschutz verändert?“

Ich hatte Gelegenheit zu einem kurzen Gespräch mit Bud Darr und wollte von ihm vor allem wissen, woher der Gewinnungswandel bei MSC beim Thema Umweltschutz kommt.

In früheren Jahren ist MSC Cruises – zumindest öffentlich – nicht durch große Umweltschutzmaßnahmen aufgefallen. Was hat sich geändert? Woher kommt der Gesinnungswandel?

Bud Darr: Ich denke, es ist ein Verdienst der Vision insbesondere von Pierfrancesco Vago [Executive Chairman von MSC Cruises], der ein inspirierender Charakter ist und wirklich an ökologische Verantwortung glaubt.

„Es ist auch wichtig, dass eine Kreuzfahrtgesellschaft über diese Dinge spricht, die sie tut.”

Ich denke, es ist auch wichtig, dass eine Kreuzfahrtgesellschaft über diese Dinge spricht, die sie tut, und dass MSC in der Vergangenheit selbst in den Bereichen, in denen viel getan wurde, nicht so viel und vielleicht auch nicht so effektiv kommuniziert hat wie jetzt.

Aber Pierfrancesco Vago ist ein echter Visionär und ich bin wirklich stolz darauf, dass das Unternehmen keine Angst davor hat, voranzugehen und die Technologie voranzubringen, wie ich es für wirklich wichtig halte, und das tut er [Vago] auch. Ich schätze mich glücklich, für jemanden wie ihn zu arbeiten.

Gab es also in der Vergangenheit eine falsche Wahrnehmung in der Öffentlichkeit?

Bud Darr: Ja, die öffentliche Wahrnehmung war möglicherweise anders, als sie es heute hoffentlich ist. Ich denke, es gibt ein stärkeres Engagement, nicht nur die richtige und aktuell verfügbare Technik zu investieren. Da ist das Bekenntnis, auch darüber hinauszugehen.

Ich denke, das ist der Reifeprozess eines relativ jungen Unternehmens, der nun Früchte trägt und uns in diesem Bereich in eine Führungsrolle bringt, in die wir gehören, wie schon in einigen der anderen Bereichen.

Bestandsaufnahme: Wie steht’s um den Umweltschutz bei MSC?

In einem ausführlichen Vortrag erläuterte Bud Darr den derzeitigen Stand bei diversen Umwelt-Themen bei MSC. Das meiste davon ist bekannt, in der knappen Zusammenfassung aber dennoch aufschlussreich. Deshalb will ich – wertungsfrei – diesen Überblick auch hier noch einmal geben.

Nachrüstung mit Scrubbern

11 der 17 Schiffe werden bis Ende 2019 mit Hybrid-EGCS (Scrubber) ausgerüstet sein. Das entspricht dann 74 Prozent der Passagierkapazität der Flotte.

Auf den Schiffen der Musica Class kommen Hybrid-Scrubber des Herstellers Lab zum Einsatz. Wärtsilä liefert diese Systeme für die Meraviglia Class und bei der Fantasia Class lieferte Yara die Scrubber zur Nachrüstung.

Für die vier Schiffe der Lirica Class sei man noch auf der Suche nach einem System, das sich für die Nachrüstung dieser Schiffe eigne, so Bud Darr.

Wasser und Abwasser

Seit 2008 (Fantasia Class) haben die MSC-Kreuzfahrtschiffe Abwassersysteme auf höchstem Stand mit mehrstufiger, biologischer Kläranlage inklusive UV-Licht-Bestrahlung (Advanced Wastewater Treatment Systems (AWTS), einen Membrane Bioreactor des Herstellers Hamworthy. Dabei gefilterte Feststoffe werden übrigens zu Pellets mit hohem Brennwert.

Trinkwasser produzieren die Schiffe selbst an Bord. Im Hafen wird laut MSC nahezu kein Wasser aufgenommen, sodass lokale Trinkwasserressourcen geschont werden. Produziert wird das Trinkwasser an Bord mit Umkehr-Osmose- und Frischwasser-Verdampfungs-Anlagen. Bemühungen zum Wasser sparen tragen laut Bud Darr ebenfalls wesentlich dazu bei, dass lokale Ressourcen im Hafen nicht genutzt werden müssen.

Plastik-Müll

Ab Ende März 2019 habe man auf den MSC-Kreuzfahrtschiffen einen Großteil an Einweg-Plastik eliminiert. Bis Ende 2018 waren bereits Strohhalme durch biologisch abbaubare und kompostierbare Alternativen ersetzt worden.

Derzeit, so Darr, suche man nach Lösungen für Wasserflaschen aus Plastik. Auf Nachfrage erklärte er, dass ein Einbau von Wasserspendern technisch kein nennenswertes Problem sei, wohl aber die Akzeptanz bei den Passagieren. Deutsche Passagiere seien da die positive Ausnahme.

Keine praktikable Lösung sei derzeit auch bei den Plastik-Schlüsselkarten für die Kabinen in Sicht.

Energie-Effizienz

Der Energiebedarf der MSC Bellissima, so Bud Darr, sei auf gleichem Niveau wie bei der MSC Fantasia. Die MSC Bellissima habe aber 20 Prozent mehr Passagiere.

Da rund 40 Prozent des Energiebedarfs eines Kreuzfahrtschiffs auf den Hotelbetrieb entfalle und dort wiederum ein großer Teil auf die Klimatisierung, habe man hier besonderen Wert auf Optimierung gelegt. Auch LEDs zur Beleuchtung tragen erheblich zum Energiesparen bei.

Bis zu sieben Prozent Kraftstoff lässt sich laut Bud Darr durch einen Unterwasser-Anstrich mit einer modernen Antifouling-Farbe erreichen. Hier gebe es inzwischen Farben, die einen guten Kompromiss zwischen Haltbarkeit und Toxizität ergäben. Weitere Sparpotenziale schöpfe man mit optimiertem Rumpfdesign und Hydrodynamik aus und setze Software ein, die eine optimale Trimmung des Schiffs unterstütze.

Landstrom

Die MSC Bellissima kann – ebenso wie alle kommenden Neubauten – Landstrom nutzen, so wie schon vier weitere Schiffe der Flotte. Die übrigen Schiffe sollen nachgerüstet werden, „soweit sinnvoll“. Bud Darr wies darauf hin, dass bis heute nur 15 Häfen weltweit überhaupt Landstrom anbieten würden.

LNG als Kraftstoff

Von den neun zwischen Herbst 2019 und 2027 in Dienst gehenden, großen Kreuzfahrtschiffen werden bei MSC fünf LNG als Kraftstoff nutzen. Für die vier kleinen Luxus-Schiffen, die ab 2023 kommen sollen, ist LNG derzeit aber offenbar nicht vorgesehen.

Bud Darr bei seinem Vortrag auf der MSC Bellissima
Bud Darr bei seinem Vortrag auf der MSC Bellissima

Mit LNG reduziere man, so Bud Darr, den Ausstoß von Ruß-Partikeln, Feinstaub und Schwefeloxiden um etwa 99 Prozent, die Stickoxide um rund 85 Prozent. Bezogen auf die Verbrennung an Bord werde bei LNG auch 20 Prozent weniger CO2 ausgestoßen. Letzteres relativiert sich aber – hier war Bud Darr in seinem Vortrag sehr ehrlich – je nach Herkunft des LNGs und aufgrund potenziellem Methan-Austritts bei der Förderung, Verladung und beim Bunkern.

Klimaneutral sei LNG nur bei synthetischer Produktion. Das ist technisch bereits möglich. Hauptproblem dabei sei aktuell aber, so Darr, synthetisches LNG in den großen Mengen zu produzieren, die für Kreuzfahrtschiffe nötig wären.

Anmerkung*: Cruisetricks.de besuchte die MSC Bellissima anlässlich ihrer Taufe in Southampton auf Einladung von MSC.
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Cruisetricks.de besuchte die MSC Bellissima anlässlich ihrer Taufe in Southampton auf Einladung von MSC.

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3 Kommentare

Über den Autor: FRANZ NEUMEIER

Franz Neumeier
Über Kreuzfahrt-Themen schreibt Franz Neumeier als freier Reisejournalist schon seit 2009 für cruisetricks.de und einige namhafte Zeitungen und Zeitschriften. Sein Motto: Seriös recherchierte Fakten und Hintergründe statt schneller Schlagzeilen und Vorurteile, damit sich jeder seine eigene Meinung bilden kann. TV-Reportagen zitieren ihn als Kreuzfahrt-Experten und für seine journalistische Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet. Er wird regelmäßig in die Top 10 der „Reisejournalisten des Jahres“ gewählt und gewann mit cruisetricks.de mehrfach den „Reiseblog des Jahres“-Award.

3 Gedanken zu „Nachgefragt: Wie steht’s um den Umweltschutz bei MSC Cruises?“

  1. Kommen gerade von einer MSC Poesia Reise zurück. „Sehr enttäuschend“
    Plastik PET Flaschen ohne Ende, Dosen, Dosen, Dosen…..
    FOTOS immer noch ausdrucken und dann 90% davon wegschmeißen, weil die Dinger einfach zu teuer sind…
    Das verstehe ich gar nicht – warum wird das nicht digitalisiert…..????
    Kann doch nicht so schwer sein….

  2. @Sönke: Ich kann (und will) natürlich nicht für MSC sprechen und grundsätzlich stimme ich zu: All das sollte schnellstmöglich geändert werden, wobei Dosen im Vergleich zu Plastik ein eher kleines Problem ist, weil gut wiederverwertbar. Allerdings darf man den Aufwand nicht unterschätzen, der für solche Veränderungen an Bord eines Schiffs nötig ist, insbesondere auch bei der Digitalisierung der Bilder. Da spielen nicht nur die Kosten eine Rolle, sondern oft auch die räumlichen Bedingungen für Änderungen und die IT-Infrastruktur, die sich nicht „einfach mal schnell“ ändern lässt, weil da sehr viel miteinander zusammenhängt. MSC scheint mir gerade auf einem guten Weg zu sein; Veränderungen werden auf den neuesten Schiffen eingeführt und getestet und dann nach und nach auf den älteren Schiffen nachgerüstet. Insofern ist da, fürchte ich, noch etwas Geduld nötig, bis das auf allen Schiffen durch ist.

  3. Aber viele der Ansätze wie LNG, Pellets aus Klärschlamm und Frischwasser durch Umkehr-Osmose hört sich doch schon mal ganz richtig an

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