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Video: LNG als Übergangstechnologie – umweltfreundlich, aber nicht klimaneutral

LNG – verflüssigtes Erdgas als Treibstoff für Kreuzfahrtschiffe ist das Thema dieser Folge der Video-Serie „Umwelt- und Klimaschutz in der Kreuzfahrt“. Neben den in der vorausgegangenen Folge besprochenen Treibstoffen auf Rohöl-Basis – Schweröl, Marinediesel und MGO – ist LNG aktuell der einzige in großem Stil verfügbare und für die Kreuzfahrt einsetzbare Treibstoff.

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Mehr zu diesem Thema finden Sie auch in unserem Beitrag „LNG und Methan als Treibstoff für Kreuzfahrtschiffe – die Fakten„.

Trotz aller Vorteile gegenüber Schweröl ist LNG nur eine Brückentechnik hin zu wirklich emissionsfreien Treibstoffen. Was LNG leistet, wo es Schwächen hat und warum es auch von den Reedereien nur als Übergangstechnologie betrachtet wird? Darum geht es in diesem Video.

Umwelt- und Klimaschadstoffe bei Verwendung von LNG

LNG – liquified natural gas, also verflüssigtes Erdgas, ist letztlich Methan, chemisch CH4.

Schadstoffe im Vergleich zu Schweröl:

  • kein Schwefel (nur außer Reste aus pilot fuel)
  • 85 Prozent weniger Stickoxide NOx
  • bis zu 95 Prozent weniger Partikel/Feinstaub
  • 20 Prozent weniger CO₂ (aber: Methan-Schlupf)

Die Klimavorteile von LNG sind aber umstritten und unklar. Der CO₂-Ausstoß ist faktisch niedriger. Aber bei der Förderung entweichen je nach Fördermethode große Mengen Methan – wie viel, weiß man gar nicht so genau – vielleicht wollen das die Gasförder-Unternehmen auch gar nicht so genau wissen. Fracking vor allem in den USA ist dabei problematischer als die herkömmliche Förderung in Russland oder in den Golfstaaten.

Ebenfalls spielt sogenannte Methan-Schlupf eine Rolle: Wie auch bei Dieselkraftstoffen verbrennt Treibstoff im Motor nicht zu 100 Prozent. Bei LNG sind das bei gut eingestellten Maschinen zwar weniger als zwei Prozent; aber Methan ist eben auch wesentlich klimaschädlicher als CO₂.

Reedereien, Werften und Motorenhersteller arbeiten an Lösungen, den Methanschlupf weiter zu senken, idealerweise komplett zu unterbinden. Da gibt’s also noch Verbesserungspotenzial.

Exkurs: Wieviel klimaschädlicher als CO₂ ist Methan eigentlich?

Da werden Zahlen zwischen 25-mal (Umweltbundesamt) und 80-mal (Umweltverbände) genannt. Beides ist richtig und falsch zugleich. Ein direkter Vergleich hängt davon ab, welche Wirkungen man untersuchen will – und welchen Zeitraum man betrachtet. Kurzfristig entwickelt Methan eine viel höhere klimaschädliche Wirkung als CO₂.

Denn Methan baut sich in der Atmosphäre wesentlich schneller ab als CO₂. Methan verbleibt durchschnittlich etwa zehn Jahre in der Atmosphäre, bei CO₂:  120 Jahre und selbst nach 1.000 Jahren noch 15 bis 40 Prozent. Dafür nimmt Methan viel mehr Wärme auf. Daraus errechnen Wissenschaftler eine 25- bis 28-mal schädlichere Wirkung, wenn man als Betrachtungszeitraum 100 Jahre ansetzt.

Je nach Betrachtungszeitraum kann man aber eben auch höhere Schädlichkeitswerte errechnen – auf einen Zeitraum von 20 Jahren kommt man dann beispielsweise auf 80-fach.

Sicherheitshalber erwähnt, um Missverständnisse zu vermeiden: Wir sprechen von unverbrannt entweichendem Methan. Wird Methan verbrannt, entsteht CO2- aber kein Methan-Ausstoß.

Quellen für weltweite Methanfreisetzung:

  • 35 Prozent Moore und Reisanbau
  • 17 Prozent Wiederkäuer/Vielhaltung
  • 26 Prozent Energiesektor
  • 7 Prozent Waldbrände
  • 7 Prozent Müllhalden
  • 3 Prozent Kläranlagen
  • 3 Prozent Ozeane/Gashydrate
  • 2 Prozent Termiten

LNG im praktischen Einsatz auf Kreuzfahrtschiffen

Sehen wir uns auch noch an, wie LNG auf Kreuzfahrtschiffen genau eingesetzt wird. Erdgas wird bei minus 162 Grad Celsius flüssig und hat dann ein um das 600-fach niedrigere Volumen, was es überhaupt erst sinnvoll auf Schiffen nutzbar macht. An Bord wird es in zylinderförmigen, isolierten Tanks gelagert und hat bei gleicher Energiemenge einen etwas höheren Platzbedarf als Schweröl der Marinediesel.

LNG ist zwar weder korrosiv noch giftig. Aber: die extrem niedrige Temperatur würde erhebliche Schäden am Stahl verursachen. Daher ist das Bunkern recht aufwendig, wie Zahlen von der Costa Toscana zeigen: Vorbereitungen und Abbau für LNG bunkern dauert jeweils 3-4 Stunden. (Bei Marinediesel nur je ca. 30 Minuten); Tankvorgang selbst sehr schnell, ca. 400 Tonnen pro Stunde. Der Bedarf für eine Woche Fahrt ist in weniger als zwei Stunden gebunkert.

Zu Beginn gab es ein großes Problem bei der LNG-Verfügbarkeit – man erkennt Parallelen zu neuen Treibstoff-Alternativen wie Methan und E-Fuels.  Inzwischen ist LNG zumindest in den wesentlichen Fahrtgebieten von Kreuzfahrtschiffen verfügbar. Nicht aber beispielsweise für Antarktis-Kreuzfahrten oder in die Arktis – zumindest Letzteres ändert sich wohl bald.

Wie langwierig die Einführung einer neuen Technik und auch den damit zusammenhängenden Genehmigungen und Regularien sein kann, hat LNG recht anschaulich gezeigt:

  • AIDAprima mit LNG im Hafen ohne eigene Tanks: März 2016
  • AIDAnova mit vollem LNG-Betrieb: Dezember 2018, Versorgungslage da aber noch dünn

In italienischen Häfen ist das Bunkern von LNG bis heute – Stand Juli 2023 – nur unter derart hohen und komplizierten Sicherheitsauflagen erlaubt, dass es faktisch fast unmöglich ist. Für Fähren, die eigentlich LNG verwenden könnten, wie die Moby Fantasy, verhindert das LNG komplett. Kreuzfahrtschiffe im westlichen Mittelmeer bunkern stattdessen eben in Barcelona, wo das deutlich einfacher ist.

LNG und Dual-Fuel-Maschinen

Um auf der sicheren Seite zu sein, haben die Reedereien auf den großen Schiffen Dual-Fuel-Maschinen eingebaut: Sie können sowohl mit LNG als auch mit Rohöl-basierten Treibstoffen fahren und auch recht problemlos zwischen den beiden Treibstoffarten umschalten.

Dual-Fuel-Maschinen haben einen kleinen Nachteil, wenn auch nur einen kleinen: Damit das LNG im Motor zündet, ist ein „pilot fuel“ nötig – die Zugabe von unter 1 Prozent MGO nötig.

Der Preis für LNG liegt übrigens unter dem von MGO, ist aber teurer als HFO. Allerdings, wie die Energiekrise Anfang 20223 gezeigt hat, können sich diese Verhältnisse auch schnell ändern. Kurzzeitig wechselten einige Reedereien für einige Wochen vorübergehend zu Marinediesel, weil LNG zu teuer wurde.

Zukunftspotenzial für Kreuzfahrtschiffe mit LNG-Antrieb

Wie wir gesehen haben, ist LNG ziemlich gut beim Thema Umweltschutz – nicht aber beim Klimaschutz.

Doch da gibt es Zukunftspotenzial – in Form von klimaneutralem Gas, das in den Maschinen auch von bereits bestehenden Schiffen eingesetzt werden. Diese Schiffe können also später einmal, wenn entsprechende Treibstoffe verfügbar sind, noch klimaneutral werden.

Im Raum steht dabei synthetisch erzeugtes Gas – E-LNG – aus klimaneutraler Energie; aber auch Liquified  Bio Gas; Begriffe wie RNG (renewable natural gas) und SNG (sustainable natural gas) tauchen in diesem Zusammenhang ebenfalls auf.

Noch ein Vorteil: Diese Alternativen können prinzipiell auch die bereits gut ausgebaute Erdgas-Infrastruktur nutzen.

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Über den Autor: FRANZ NEUMEIER

Franz Neumeier
Über Kreuzfahrt-Themen schreibt Franz Neumeier als freier Reisejournalist schon seit 2009 für cruisetricks.de und einige namhafte Zeitungen und Zeitschriften. Sein Motto: Seriös recherchierte Fakten und Hintergründe statt schneller Schlagzeilen und Vorurteile, damit sich jeder seine eigene Meinung bilden kann. TV-Reportagen zitieren ihn als Kreuzfahrt-Experten und für seine journalistische Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet. Er wird regelmäßig in die Top 10 der „Reisejournalisten des Jahres“ gewählt und gewann mit cruisetricks.de mehrfach den „Reiseblog des Jahres“-Award.

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