Die Star Clipper und ihre Schwester Star Flyer sind meine Lieblingsschiffe. So, jetzt ist es raus. Ganz persönlich und subjektiv. So oft wurde mir die Frage nach meinem Lieblingsschiff schon gestellt …
Normalerweise vermische ich Berufliches und private Vorlieben auf cruisetricks.de so wenig wie möglich. Schließlich soll sich jeder ein eigenes Bild machen. Jeder hat andere Vorstellungen vom idealen Kreuzfahrtschiff. Da gibt es kein gut oder schlecht, kein richtig oder falsch.
Aber die Star Clipper ist etwas Besonderes und kaum mit anderen Kreuzfahrtschiffen vergleichbar. Da wage ich ausnahmsweise, etwas ganz Persönliches zu schreiben. Eine Liebeserklärung an ein Schiff.
Das Plätschern des Wassers an der Bordwand
Ich wache morgens in meiner Kabine vom Plätschern des Wassers an der Bordwand auf. Ab und zu schwappt eine Welle bis ans Bullauge. Bei stärkerem Seegang verwandelt sich das Bullauge in etwas, das wie eine Waschmaschine aussieht. Sehr meditativ, wenn auch das damit einhergehende Schwanken nichts für empfindlichere Mägen ist.
Leicht in Bewegung ist die Star Clipper ohnehin ständig. Bewusst nehme ich das nach einer Weile gar nicht mehr wahr. Aber es schafft eine wunderbar einlullende Atmosphäre. Auf keinem anderen Schiff komme ich so schnell in den Kreuzfahrtmodus. An Deck bewege ich mich barfuß und mit einer gemütlichen Langsamkeit, die mich sonst an den Rand des Wahnsinns treiben würde. So wunderbar ineffizient, ohne eiliges Ziel, den Moment genießen, nicht an gestern, nicht an morgen denken. Nirgendwo fällt mir das so leicht wie hier.
Die Morgensonne im Bugspriet-Netz begrüßen
Nur eines kann ich nicht: ausschlafen. Selbst schuld. Aber den Sonnenaufgang zu verpassen könnte ich auf der Star Clipper noch schwerer ertragen als sonst auf See. Nur wenig ist für mich schöner als im Morgenlicht ganz allein nach vorne ins Bugspriet-Netz zu steigen, den Bug der Star Clipper beim Durchpflügen des Meeres unter mir zu beobachten. Darüber rauscht der Wind in den Segeln. Die aufgehende Sonne am Horizont lässt das Wasser glitzern wie tausende Diamanten.
Der eigentliche Tag beginnt für mich auf der Star Clipper dann mit einem kleinen Ritual das ich mir schon auf meine zwei Reisen mit der Star Flyer in der Karibik und in Kuba angewöhnt habe. Barfuß steige ich die engen Treppen nach oben zur Piano Bar und mache mir eine Tasse Tee. Je nach Laune English Breakfast, Darjeeling, Orange Pekoe, Grüntee.
Volle Konzentration verlangt die doppelte Schwingtür hinaus aufs Deck zur Tropical Bar. Denn ist man nicht sehr vorsichtig, schlagen diese Türen gnadenlos zu. Aber das lernt man schon in den ersten Stunden an Bord, manchmal schmerzhaft. Jeder hält deshalb dem anderen diese Türen auf. Allein dabei kommt man schon mit den ersten Mitreisenden ins Gespräch. So wie dann draußen an der Tropical Bar, wo viele morgens auf eine erste Zigarette, einen Kaffee oder Tee vorbeischauen.
Neuigkeiten und Tratsch an der Tropical Bar
Da kommt auch mal der Kapitän vorbei. Der Hoteldirektor hält seine Morgenbesprechung mit der Crew in der benachbarten Bibliothek. Der Cruise Director sieht bei seinen Passagieren nach dem Rechten. Da gibt’s auch mal einen Geheimtipp für einen Landausflug oder Details zur Tagesplanung.
Und irgendwie fliegt der Tag an Bord in genau der gleichen, legeren Gemütlichkeit weiter.
Ich kann mich kaum satt sehen an den riesigen Segeln, die sich im Wind blähen. Kaum satt hören an den Geräuschen dieses Schiffs: das sanfte Knarzen es Holzes, das flüsternde Flirren der Wanten im Wind, die mal gedämpften, mal fröhlich-lauten Stimmen an der Tropical Bar, das Plätschern des Wassers an der Bordwand.
Wenn ich am Sonnendeck liege und ein Buch lese – wozu ich sonst auch nur selten kommen – schaue ich immer wieder auf, genieße den Blick aufs Meer und hinauf zu den weißen Segeln, in den blauen Himmel und abends zum Mond und den unzähligen Sternen.
Mitten im Geschehen auf der offenen Brücke
Wenn es spannend wird, vor der Ankunft am nächsten Ankerplatz, wenn Segel gesetzt oder gerafft werden müssen, dann stehe ich gleich neben der offenen Brücke, nahe des großen, hölzernen Steuerrads. So mitten im Geschehen, dass ich oft die Ruhe und Geduld der Matrosen bewundere, die sich zwischen den Passagieren hindurch ducken, um ihre Arbeit zu machen. Und die Passagiere wirklich nur dann bitten, sich einen andern Platz zu suchen, wenn es gar nicht anders geht – also etwa, wenn das Segel genau an dieser Stelle herunter muss.
Ich habe bewusst „Ankunft am nächsten Ankerplatz“ geschrieben, nicht „Hafen“. Denn vor allem auf den Routen in der Karibik und in Asien legen Star Flyer oder Star Clipper eher selten an einer Pier an. Weil es an den Zielen der Großsegler selten überhaupt eine Pier gibt. Selbst die Ein- und Ausschiffung habe ich – im kubanischen Cienfuegos – schon per Tenderboot gemacht.
Oft sieht man während einer Reise mit diesen Schiffen eine ganze Woche lang kein anderes Kreuzfahrtschiff. An Land drängen sich nicht Tausende von Touristen durch künstliche Shopping-Meilen und zu den Tour-Bussen. Stattdessen landen wir direkt im Leben der Einheimischen, die ihre Gäste am Ufer erwarten, neugierig und gastfreundlich, staunend über das große Segelschiff da draußen vor Anker.
Essen? Ja, gibt’s auch …
Das klingt unfair. Ist es auch. Denn das Essen, das die Kellner aus einer – gerüchteweise winzigen – Galley zu den Passagieren an die Tische tragen, ist lecker. Aber der Charme dieser Segelschiffe überwiegt so sehr, dass der auf vielen anderen Schiffen wichtigste Aspekt einer Kreuzfahrt – das Essen – auf der Star Clipper eher in den Hintergrund tritt.
Es ist keine absolute Spitzenküche mit Kunstwerken an Teller-Deko wie auf teuren Luxusschiffen. Das würde auf einem Segelschiff mit traditionell-maritimem Ambiente ohnehin etwas befremdlich anmuten. Aber die Küche ist fein und abwechslungsreich, immer auch mit regionalen Spezialitäten aus dem Fahrtgebiet. An der Wand hängt das Emblem der Chaîne des Rotisseêurs mit der aktuellen Jahreszahl 2017.
Ein kleines Mysterium ist die Galley. Sie ist, sagt man, so klein, dass die Reederei sie lieber niemandem zeigt. Angeblich soll manch ein Passagiere zu Hause eine größere Küche hat. Das scheint eine etwas übertriebene Legende zu sein. Denn immerhin werden dort zwischen 100 und 160 Passagiere bekocht. Eines Tages werde ich es auch noch schaffen, einen Blick in die Galley zuwerfen, um dieses Rätsel zu lösen.
Eine Crew mit Liebe zu ihrem Schiff und den Passagieren
Habe ich in meiner Liebeserklärung an die Star Clipper und Star Flyer noch etwas vergessen? Ja, die Crew! Denn eines haben Star Clipper und Star Flyer mit anderen Kreuzfahrtschiffen gemeinsam: Die Crew entscheidet darüber, ob ich mich an Bord wohl und zu Hause fühle oder ob ich mir eher als geduldeter Fremdkörper vorkomme.
Vielleicht beeinflusst auch das Outfit der Matrosen mit ihren fast schon kitschig weiß-blau gestreiften Shirts die Wahrnehmung ein wenig. Aber die Crew gibt einer auf den Star-Clippers-Segelschiffen noch einmal eine ganz besondere Atmosphäre.
Kreuzfahrtdirektor, Kapitän, Hoteldirektor: keine Corporate-Typen in makellos gebügelten Uniformen, sondern besondere Charaktere mit ein paar Ecken und Kanten, aber vor allem mit einer innigen Verbindung zu ihrem Schiff, die man sonst nur sehr selten trifft.
Wie sehr sich die Crew um ihre Passagiere kümmert, zeigt auf meiner Indonesien-Reise exemplarisch unser Kellner David. Selbst an Land, als er eigentlich seine Freizeit genießen könnte, hilft er uns in Giligenteng mit Erklärungen und Verständigung im Restaurant am Strand. Und gibt uns später sogar sein – mutmaßlich – Familienrezept für eine wunderbare, indonesische Chili-Sauce.
Auf anderen Kreuzfahrtschiffen gleicht eine tolle Crew oft gewisse Schwächen des Schiffs aus und macht damit das Gesamterlebnis gut. Auf der Star Clipper und Star Flyer gibt’s nichts zum Ausgleichen, da setzt die wunderbare Crew einfach noch eins oben drauf.
All das zusammen ist der Grund, warum ich diese Schiffe so liebe.
Endlich hast du dich geoutet und dass wohl zu Recht ;-) Wir können es sehr gut nachvollziehen, dass es genau dein Schiff ist. Besten Dank für die authentische Live-Berichterstattung von der Indonesien-Reise!
Hallo Franz,
als treuer Hörer Eures Podcasts und ebenfalls begeisterter Kreuzfahrer träume ich auch von einer Reise auf einem großen Segelschiff.
Zum Eintritt in den Ruhestand will ich mir so eine Reise gönnen. ;-)
Weiter so!
Grüsse
Hallo Franz
Eine wunderbare Liebeserklärung an wunderbare Segelschiffe… Es ist genau so, wie Du es beschreibst und auch nach über einem Dutzend Segel-Kreuzfahrten (oder gerade erst recht deshalb?) zieht es uns immer wieder auf die Clippers.
Es fällt auch auf, dass die Crewmitglieder zu einem grossen Teil ebenfalls treue Seelen sind und immer wieder altbekannte Gesichter an Bord angetroffen werden. Sehr häufig erinnern sie sich auch noch an einen, manchmal sogar, auf welcher Reise man einander gesehen hat.
Ansonsten danke ich für Euren tollen Einsatz mit Podcast und Homepage, es macht riesig Spass reinzuhören und in der Welt der Kreuzfahrten herumzustöbern!
Danke, Dominik, so schönes Feedback freut mich natürlich besonders. Bei der Crew geht die Bindung an die Schiffe bei Star Clippers ja manchmal sogar so weit, dass die Leute nur auf einem ganz bestimmten Schiff arbeiten wollen und selbst zwischen Star Clipper und Star Flyer nicht hin und her wechseln wollen ;-)
Danke für diesen wundervollen Bericht und die traumhaften Fotos, die mich noch glücklicher machen, da ich Anfang September diese Reise antreten darf! Life is beautiful!