Die AIDAprima ist mit so ziemlich allem ausgestattet, was die Umwelttechnik für Kreuzfahrtschiffe aktuell hergibt. Kleine, positive Überraschung: Der Abgasfilter soll auch außerhalb der Schutzzonen dauerhaft im Einsatz sein.
Luftblasenteppich unterm Rumpf, LNG statt Dieselöl als Treibstoff im Hafen, ein dreifacher Abgas-Filter, optimiertes Rumpfdesign, Wärmerückgewinnung – das sind einige der wesentlichen Faktoren, die auf der AIDAprima zu deutlich reduziertem Treibstoffverbrauch und geringerem Ausstoß von Schadstoffen beitragen.
Von der Klassifizierungsgesellschaft begutachtet hat die AIDAprima einen durchschnittlichen Treibstoffverbrauch von 2,7 Liter pro Passagier auf 100 Kilometer. Die bisherige Flotte hatte hier noch einen ebenfalls schon guten Wert von 3 Litern erreicht.
Die Umwelttechnik der AIDAprima in allen Details auszuführen, würde an dieser Stelle zu weit führen (und zu technisch werden). Aber die wesentlichen Aspekte wollen wir hier dennoch zumindest anreißen.
Filteranlage im Dauerbetrieb
Die AIDAprima ist das erste Kreuzfahrtschiff, das mit einer neu entwickelten, kompakten Abgasnachbehandlungsanlage ausgestattet ist, die von einem inzwischen zum Carnival-Konzern gehörenden Unternehmen entwickelt wurde. Bislang gab es in der Branche immer wieder Zweifel, ob dieses bereits im August 2013 erstmals angekündigte System überhaupt einsatzbereit existiert – mit der AIDAprima sind diese Zweifel nun wohl ausgeräumt.
Ein Katalysator bindet Stickoxide, ein Filter reduziert Ruß und andere feste Brennstoffrückstände deutlich und ein Scrubber wäscht Schwefeloxide aus. Stick- und Schwefeloxide sollen damit laut AIDA um 90 bis 99 Prozent reduziert werden, Kohlenmonoxid reduziert der Filter um rund 70 Prozent, der Ausstoß von unverbrannten Kohlenwasserstoffen sollen um 85 Prozent niedriger sein.
Etwas überrascht, vor allem aber gefreut hat mich die Aussage des Chief Engineers Eckbert Schuster, die Filteranlage im Dauerbetrieb einzusetzen. Gesetzlich vorgeschrieben ist beispielsweise der Scrubber (Schwefeloxide) lediglich in entsprechenden Schutzzonen die Nord- und Ostsee. Anzumerken ist, dass die AIDAprima auf ihrer ganzjährigen Fahrtroute ohnehin großteils in der Schutzzone Nordsee unterwegs ist. Dennoch: Das ist eine klares und zukunftsweisendes Versprechen. Denn bislang hatte, von allen Reedereien und soweit uns bekannt, nur TUI Cruises zugesagt, den Scrubber permanent zu betreiben.
LNG statt Marinediesel im Hafen
Die AIDAprima ist die Vorstufe zur kommenden Generation von Kreuzfahrtschiffen, die komplett mit LNG (Flüssigerdgas) als Treibstoff fahren. Sie hat keine eigenen LNG-Tanks, kann aber die an Bord benötigte Energie zumindest im Hafen mit LNG erzeugen. Da Kreuzfahrtschiffe von AIDA laut Reederei etwa 40 Prozent der Zeit im Hafen liegen, ist das kein unerheblicher Fortschritt.
Eine der vier Hauptmaschine ist eine Dual-Fuel-Maschinen, die sowohl Schweröl respektive Marinediesel (MGO) als auch LNG verbrennen kann. Und auch ein Kessel zur Erzeugung von Dampf beispielsweise für die Bordküchen läuft wahlweise mit LNG. Im Hafen kann also LNG zugeführt und die Verbrennung von Marinediesel eingestellt werden. Stickoxide werden damit im Vergleich zu schwefelarmem MGO um 80 Prozent reduziert. Schwefeloxide und Rußpartikel entstehen mit LNG erst gar nicht. Und auch der CO2-Ausstoß liegt um 20 Prozent niedriger.
Ganz so einfach ist das Ganze dann allerdings doch nicht. Das LNG kann in den Häfen der Westeuropa-Fahrtroute – so die Planung von AIDA – zwar jeweils von einem Tanklastzug angeliefert und über dicke Rohrleitungen aufs Schiff gebracht werden. Die Verträge mit einem LNG-Lieferanten sind laut AIDA bereits verhandelt. Was aber fehlt sind die komplizierten Genehmigungen der lokalen Behörden in den Häfen für die Nutzung von LNG. Bislang gibt sich AIDA zuversichtlich, diese Genehmigungen bald zu bekommen.
Landstrom: derzeit eher eine theoretische Möglichkeit
Dort, wo ein Hafen Landstrom anbietet, ist die AIDAprima auch in der Lage, die Maschinen komplett abzustellen und Strom-Energie von Land zu beziehen. Verfügbar ist Landstrom allerdings bislang in keinem der angelaufenen Häfen. Und auch in Hamburg, wo ein Landstromanschluss nach langer Verzögerung in diesem Jahr nun endlich in Betrieb gehen soll, nützt er der AIDAprima nichts – denn der Landstromanschluss ist in Hamburg Altona, die AIDAprima muss aber schon allein wegen ihrer Größe in Steinwerder anlegen.
Rumpfdesign, Azipods, Wärmerückgewinnung und Luftblasen
Der umweltfreundlichste Treibstoff ist der, der erst gar nicht verbraucht wird. Optimiertes Rumpfdesign, erstmals bei AIDA ein Azipod-Antrieb statt feststehende Propeller, die „MALS“-Luftblasentechnik und weitere Maßnahmen reduzieren den Treibstoffverbrauch der AIDAprima um rund 20 Prozent. Den Energiebedarf senkt aber beispielsweise auch der Einsatz von Mittelspannung, drehzahlgesteuerten Pumpen sowie Absorbtionskältemaschinen („absorption chiller“), um Abwärme wiederzuverwenden.
Die von den Hauptmaschinen zurück gewonnene Wärmeenergie nutzt die AIDAprima beispielsweise für Tankheizung und Dampfproduktion, aber vor allem im Winter auch für die Heizung der Raumluft. Mit Absorbtionskältemaschinen wird aus Abwärme wiederum Kälte für die Klimaanlage – genauer gesagt: Diese Geräte entziehen der Raumluft Wärme und kühlen dadurch die Luft.
Besonders viel Aufmerksamkeit erweckt ein System, das nahezu unsichtbar ist: das Mitsubishi Air Lubrication System (MALS). Ein gewaltiges Gebläse (Leistung: 360 kW) drückt dabei durch ein Leitungssystem im doppelten Rumpfboden feine Luftblasen unter das Schiff. Idealerweise liegt damit also eine dünne Luftschicht zwischen Schiff und Wasser und reduziert den Reibungswiderstand. Etwa fünf Prozent Treibstoffersparnis soll das bringen. Zu sehen bekommt der Passagier davon nur sehr wenig – lediglich die Schaumbildung im Kielwasser fällt für den aufmerksamen Beobachter etwas stärker aus als ohne MALS.
Viele, kleine Details
Neben den großen, auffälligen Techniken zu Energie-Effizienz und Schadstoff-Reduzierung hat die AIDAprima, wie natürlich auch andere Kreuzfahrtschiff-Neubauten, zahlreiche Features, die Energie sparen oder anderweitig umweltfreundlich sind. Konsequente Mülltrennung ist auf Kreuzfahrtschiffen eigentlich selbstverständlich, aber dennoch erwähnenswert, weil das an Land meist anders ist. Gleiches gilt für die Beleuchtung, wo fast ausschließlich LED-Technik zum Einsatz kommt.
Ein Beispiel für die vielen Details an Bord ist die Tunnel-Waschanlage in der Wäscherei. Wäsche wie Handtücher und Bettzeug werden in diesem riesigen Waschautomaten bei einem Wasserverbrauch von nur 2,5 Liter pro Kilogramm Wäsche gereinigt. Das Wasser dafür kommt im Wesentlichen aus der Osmose-Anlage, die Wasser aus dem Meer aufbereitet. Anders als beim Trinkwasser werden diesem Wasser für die Wäscherei keine Mineralien zugesetzt, sodass wegen der geringen Härte dieses „technischen Wassers“ deutlich weniger Waschmittel nötig ist.