In den Wintermonaten liegt der Geirangerfjord urtümlich und unberührt zwischen schneebedeckten Bergen. Nur sehr wenige Touristen kommen um diese Jahreszeit hierher. Mit Ausflügen von der Havila Capella von Alesund aus per Katamaran-Boot kommen erstmals Kreuzfahrt-Reisende auch in den Wintermonaten hierher – und genießen das Unesco-Weltnaturerbe zu seiner vielleicht schönsten Jahreszeit.
Größere Schiffe, insbesondere auch die Schiffe von Havila und Hurtigruten, fahren in den Wintermonaten nicht in den Geirangerfjord und nach Geiranger. Vor der Pandemie kamen in den Sommermonaten bis zu 900.000 Kreuzfahrt-Passagiere jährlich hierher. Der Geirangerfjord war lange ein typisches Problemkind der Kreuzfahrt: Wunderschön, aber fragil und daher von den Touristenmassen überwältigt.
Jetzt allerdings, im Winter, wohnen dort lediglich rund 200 Menschen. Dabei sei das die schönste und beeindruckendste Jahreszeit hier, sagen Einheimische.
Die Havila Capella legt in den Wintermonaten für zehn Stunden in Alesund an. Da bleibt genug Zeit, um mit einem Katamaran-Ausflugsboot einen Abstecher nach Geiranger zu machen. Es ist die erste Saison, in der solche Winter-Kreuzfahrten nach Geiranger stattfinden. Havila hat sich dafür mit Geiranger Fjordservice zusammengetan, mit deren Booten die Passagiere durch die zerklüftete Fjordlandschaft zwischen schneebedeckten Berggipfeln die dreistündige Fahrt nach Geiranger unternehmen.
Allein in Geiranger zu sein, ist ein Erlebnis für sich, ohne Tausende von Menschen der Sommermonate, die sich zwischen den wenigen Häusern des kleinen Ortes drängeln. Die Felswände der Fjorde wirken im eisig kalten Fahrtwind auf den Außendecks des Ausflugsbootes noch ein wenig schroffer als sonst.
Wasserfälle sind mangels Schmelzwasser oft eher Rinnsale, die berühmten Sieben Schwestern kaum wiederzuerkennen, …
… wohingegen der gegenüberliegende „The Suitor“-Wasserfall immer noch genug Wasser führt.
Schneebedeckte Berge geben der Landschaft eine ganz andere Atmosphäre als im Sommer, unberührt, erhaben und strahlend. Die Kontraste wirken noch stärker als im Sommer. Und man kann sich noch besser vorstellen, wie es wohl gewesen sein mag, vor hundert Jahren hier auf einer der wenigen, flacheren, almartigen Stellen in den Felsen auf einem einsamen Gehöft zu leben.
Bei drei Stunden Fahrt durch den Fjord, zweieinhalb Stunden Aufenthalt in Geiranger mit Fahrt hinauf zu einem Aussichtspunkt und drei Stunden Rückfahrt nach Alesund lässt der Ausflug viel Zeit und Ruhe, um die Schönheit der Natur zu genießen und sich den frischen, kalten Fahrtwind um die Nase blasen zu lassen.
Und wenn das Wetter so grandios mitspielt wie auf unserem Ausflug, gibt es zum Abschluss einen Sonnenuntergang, wie man ihn nur selten so schön sieht.
Winter-Fahrten nach Geiranger verändern den Tourimsmus im Fjord
Die Winter-Ausflüge nach Geiranger sind neben ihrer Schönheit auch ein strategisch wichtiger Schritt für den Ort. Ab 2026 sollen in das Fjordsystem nur noch emissionsfreie Schiffe fahren dürfen. Das haben die Einheimischen in jahrelangen Bemühungen schließlich im norwegischen Parlament durchgesetzt. Das ist gut für die Luftqualität des Unesco-Weltnaturerbes Geirangerfjord, die in schlimmsten Zeiten eher das Niveau einer Großstadt denn eines kleinen, abgelegenen Örtchens am Ende eines Fjords hatte.
Aber es wird auch ein tiefer Einschnitt in den Tourismus in Geiranger sein. Denn es wird ab 2026 zunächst kaum oder gar keine größeren Kreuzfahrtschiffe geben, die diese Bedingungen erfüllen können. Wir haben mit Katrin Blomvik gesprochen, Direktorin des Besucherzentrums und seit 2005 verantwortlich für das Unesco-Welterbeprojekts in Geiranger. Sie rechnet damit, dass dann erst wieder ab etwa 2030 größere Kreuzfahrtschiffe nach Geiranger kommen könnten. Deshalb muss sich bis 2026 viel verändern – unter anderem die Jahreszeiten, in denen Touristen in den Fjord kommen.
Die Winter-Ausflüge von Havila sind für den Ort daher ein wichtiger Anfang, um möglichst das ganze Jahr lang Touristen nach Geiranger zu bringen. „Wir brauchen mehr Menschen, die ganzjährig hier leben“, sagt Katrin Blomvik, und das gehe nur mit gleichmäßiger übers Jahr verteilten Tourismus. Und: Viele Betriebe in Geiranger hätten während Corona gemerkt, dass weniger Kreuzfahrt-Touristen nicht unbedingt Verluste bedeuteten. Denn bei mehr Ruhe im Ort kämen andere, oft zahlungskräftigere Urlauber, oft Norweger, die den Ort zuvor gemieden hätten. Und so ziehen hier die meisten nun an einem Strang: Geiranger nachhaltiger zu machen, verträglichen Tourismus zu etablieren.
Und so gibt es jetzt auch „Fjord Ranger“, ganz nach dem Vorbild des Glacier Bay Nationalparks in Alaska: Guides, die Schiffsurlaubern auf ihrer Fahrt durch die Fjorde und in Geiranger selbst die Natur, Geologie und Pflanzenwelt, die Entstehungsgeschichte der Fjorde in vor 2,6 Millionen Jahren näher bringen. Sie sollen einen viel tieferen Einblick in dieses Weltnaturerbe geben, als es eine einfache Sighseeingtour zu den „Sieben Schwestern“ und Bus-Stopp für Selfies an einem der Aussichtspunkte hoch über dem Fjord je könnten.
Jetzt müssen nur noch die Kreuzfahrt-Reedereien davon überzeugt werden, diesen Service für ihre Passagiere auch in Anspruch zu nehmen. Havila hat dabei den Anfang gemacht.
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