Homer der letzte Hafenstopp unserer Alaska-Kreuzfahrt mit der Hanseatic Spirit: Es sollte ein geruhsamer Tag mit ein paar witzigen und skurrilen Begebenheiten werden, auch wenn wir ursprünglich etwas ganz anderes geplant hatten, ein Abenteuer allein in der Wildnis mit Bären.
Nicht immer läuft es bei einer Kreuzfahrt an einem Hafenstopp so, wie man sich das ursprünglich vorgestellt hatte. Und meist ergibt sich aus Veränderungen etwas Gutes – in diesem Fall: Ein recht entspannter Tag mit ein paar witzigen Begebenheiten und einigen ganz unerwarteten Gästen zum Dinner im Restaurant der Hanseatic Spirit: Möwen.
Homer ist insofern ein faszinierender Ort, als er aus zwei weit voneinander getrennten Teilen besteht. Wahrscheinlich waren es Gletscherbewegungen in der Eiszeit, die hier eine über fast vier Kilometer lange, schmale Landzunge in die Kachemak Bay hinein erzeugt haben. Aber sicher sind sich auch Wissenschaftler nicht über die Entstehung dieser landschaftlichen Besonderheit.
Und so gibt es die Homer Spit als Fischerei- und touristischem Hafen und am Festland den eigentlichen Ort, der wiederum sehr amerikanisch langgesteckt an einer breiten Straße mit weit auseinander liegenden Häusern besteht, nahe am Strand eine Handvoll historischer Gebäude. Auf den Straßen sieht man vor allem riesige Pickup-Trucks mit großvolumigen Motoren, ganz Amerika-Klischee.
Salty Dowg Saloon: Eine Bar, tapeziert mit Dollar-Geldscheinen
Kurios ist der Salty Dowg Saloon auf der Homer Spit: Aus einem 1897 gebauten Blockhaus wurde 1957 schließlich die heutige Bar, unverwechselbar mit einem (nie als solchen gebauten) Leuchtturm. Was den Salty Dowg Saloon aber besonders macht, sind die zahllosen Dollar-Geldscheine, mit denen Wände und Decken ausgekleidet sind. Gäste pinnen die mit Reißzwecken an, und weil das irgendwann einmal jemand angefangen hat, macht man es eben bis heute nach.
Angeblich soll ein Gast einst einem Freund einen Drink spendiert haben. Da der Freund aber erst später kam, soll er das Geld für dessen Drink eben an die Wand gepinnt haben. Heute räumen die Eigentümer die vielen Dollar-Noten jeweils am Ende der Saison im Herbst weitgehend ab und spenden das Geld für gute Zwecke.
Carmen‘s Gelato: Eiscreme in Alaska
Es ist ja ein Vorurteil, dass es in Alaska – zumindest im Sommer – immer eisig kalt ist. Aber eine richtig gute, italienische Eisdiele hätten wir in Homer dann doch nicht erwartet.
Doch die Amerikanerin Carmen heiratete einst einen Sizilianer und begeisterte sich für die Eismacher-Kunst. Seitdem gibt es hier richtig gutes Gelato, das sich auch in Italien nicht verstrecken müsste.
Craftbeer-Speeddating: Grace Ridge Brewing
Weniger kurios als einfach lecker ist das Bier einer lokalen Craft-Bier-Brauerei – zwei hat Homer, in eine haben wir es zum Testen geschafft, die andere liegt außerhalb des Ortes und ist ohne Auto schwierig zu erreichen.
Eine schöne Besonderheit in den USA sind sogenannte „Flights“, die häufig bei Cocktails, aber eben auch in Brauereien angeboten werden. Das sind meist Holzbrettchen mit eingelassenen Vertiefungen, in denen mehrere kleine Gläser Platz haben, sodass man gleich mal viel oder mehr Bier-Sorten in kleinen Mengen probieren kann.
Die Craft-Bier-Kultur ist in den USA, besonders in den nordwestlichen Bundesstaaten, sehr ausgeprägt und die Qualität der Biere übertrifft die deutsche Craft-Bier-Szene. Auch wenn das Reinheitsgebot hier natürlich keine Rolle spielt, halten die Bierbrauer hier nichts von chemischen Zusätzen oder Aromastoffen, fügen aber schonmal Kräuter oder Früchte hinzu. Wenn man das dezent macht, kommt so etwas wie das Himbeer-Bier der Grace Ridge Brewing heraus, das – ich muss es als Bayer neidlos zugeben – durchaus ein gutes Bier mit eine leichten Himbeer-Aroma ist.
Das ist nichts zum täglichen Genuss, aber als Erlebnis dennoch ganz spannend. Mein Favorit in dieser Brauerei war aber das Coal Point Stout – nur falls mal jemand in Homer vorbeikommt und eine Empfehlung braucht …
Möwen als Dinnergäste
Ganz besondere Dinner-Gäste hatten wir an diesem Tag im Hafen von Homer: Möwen sehen uns aus wenigen Metern Abstand beim Essen zu – und umgekehrt können wir während des Abendessens diesen immer wieder faszinierenden Tieren zusehen, wie sie sich streiten, um ihre Jungtiere in den Nestern kümmern, in Schwärmen auf der Pier sitzen.
Denn die Fenster des Restaurants der Hanseatic Spirit liegen genau auf Höhe der Pier, in deren Gebälk Möwen nisten, auf deren Flächen und auch am Rand, nur zwei, drei Meter von uns entfernt, nur durch die Restaurant-Fenster getrennt, sich zahllose Möwen ausruhen. Für Möwenliebhaber ist das großartiges Dinner-Entertainment.
Eigentlich hatten wir für Homer etwas ganz anderes geplant …
Eigentlich hatten wir uns für Homer ein kleines Abenteuer vorgenommen: Von einem Wassertaxi wollten wir uns an einem einsamen Strand im Kachemak State Park auf der Homer gegenüberliegenden Seite der Kachemak Bay quasi allein in der Wildnis absetzen lassen, allein durch Wälder und über Almwiesen in fast unberührter Natur wandern, in der Hoffnung, unterwegs Schwarzbären zu begegnen – gut vorbereitet mit Warnglöckchen und Bärenabwehrspray, versteht sich.
Doch die Tour haben wir aus mehreren Gründen kurzfristig abgesagt: weil wir am Tag davor gesundheitlich nicht ganz fit waren; weil wir auch ein wenig Angst vor unserer eigenen Courage bekamen, fünf Stunden allein in Bärenland zu wandern; und weil wir auf dieser Reise Schwarzbären auch schon aus direkter Nähe sehen konnten.
Letztlich hätte die Tour in Homer aber ohnehin nicht geklappt, denn an dem Morgen war das Wetter stürmisch, die Brandung an den Ufern der Kachemak Bay zu stark, um sich dort mit dem Wassertaxi absetzen zu lassen. Auch einige von der Hanseatic Spirit angebotenen Ausflüge fielen deswegen aus.
Aber wer einmal nach Homer kommt, dem sei eine solche Wanderung in der Wildnis durchaus empfohlen, beispielsweise den Glacier Ridge Trail, der auf einer Halbinsel zwischen zwei fjordartigen Buchten zunächst durch Sitkafichten-Wald, dann über Almwiesen und einen Grat entlang teils recht steil nach oben zu einem 944 Meter hoch gelegene Gipfel führt.
Der Weg führt teils parallel zu einem Bach und es gibt Blaubeeren, die um diese Jahreszeit reif sein müssten. Die sind zu meinen wirklich lecker, so direkt vom Strauch. Zum anderen sind sie aber auch Lieblingsspeise von Bären. „Perfect place, perfect time“, schreibt der Wassertaxis-Anbieter, der uns diesen Trail empfohlen hat.
Vom Kapitän des Wassertaxis hätten wir uns auch einen Bären-Abwehrspray ausleihen können, nur für alle Fälle. Denn zu einen sind die Sprays mit 40 bis 50 Dollar ganz schön teuer, zum anderen dürften wir einen solchen Spray weder im Flugzeug mitführen, auch nicht im aufgegebenen Gepäck, noch wäre er an Bord eines Kreuzfahrtschiffs erlaubt. Denn Pfefferspray – nichts anders ist ein Bärenspray – gilt als Waffe.
Den Wassertaxi-Transfer zum Kayak Beach haben wir übrigens bei Ashore Water Taxi vorab gebucht: knap 200 Dollar für zwei Personen hin und zurück inklusive Steuern und sogar kostenlose Ausleihe von Bärenspray. Ein anderes Wassertaxi-Unternehmen in Homer, mit dem wir im Vorfeld kommuniziert hatten, ist Coldwater Alaska, die ebenfalls einen guten Eindruck hinterlassen haben.