Die kleine Tlingit-Siedlung Kake auf Kupreanof Island gibt uns einen Eindruck von der Kultur und Sprache der Native Alaskans. Aber wir sehen an diesem Tag auch Schwarzbären und Buckelwale. Intensiver kann man das ursprüngliche Alaska an einem sonnigen Sommertag kaum erleben.
Im Nordwesten von Kupreanof Island liegt die kleine Ortschaft Kake. Gerade einmal knapp 600 Menschen, überwiegend Native Alaskans vom Stamm der Tlingit leben hier. Der Ortsname ist aus der Tlingit-Sprache abgeleitet und bedeutet in etwa „Morgendämmerung“. Um 1880 wird Kake erstmals als Tlingit-Siedlung erwähnt.
Eine Gruppe jugendlicher Tlingit kommt morgens an Bord der Hanseatic Spirit, um uns mit Gesängen ihrer Kultur in ihrem Ort zu begrüßen. Dabei zeigen sie ihre traditionellen Gewänder, die mit den Tier-Zeichnungen der jeweiligen Clans verziert sind. Denn Familie und Abstammung – übrigens in der mütterlichen Linie – spielt für sie eine große Rolle. Faszinierend ist auch ihre Sprache mit vielen „ch“- und Klick-Lauten. Die Hauptsprache ist aber auch hier Englisch.
Die größte Attraktion von Kake ist eigentlich ein Totem-Pfahl – der größte aus einem einzelnen Baum geschnitzte, heißt es. Doch durch Kake fließt auch der kleine Fluss Cunnuk Creek – und dort gibt es Schwarzbären, die unsere Aufmerksamkeit auf sich ziehen.
So nahe kann man Bären nur selten sehen: von einer kleinen Aussichtsplattform und einer Straßenbrücke aus beobachten wir mehrere Tiere, die sich an dem reichen Angebot an Lachs in dem Creek bedienen.
Dabei haben es die Lachse hier nicht nur wegen der Bären schwer. Der Creek führt auch nur sehr wenig Wasser, sodass sie ihren Laichplatz nicht mehr erreichen können.
Stattdessen werden die Lachse umgeleitet über eine Fischtreppe in die Becken einer kleinen Aufzuchtstation am Bach direkt in Kake. Da Lachse nach dem Ablaichen buchstäblich tödlich erschöpft sind, sterben sie anschließend. Zahllose tote Fische auf den Kiesbänken und im Wasser des Gunnuk Creek zeugen davon.
Der größte aus einem einzigen Baum geschnitzte Totem-Pfahl Alaskas
1967 wurde der große Totem-Pfahl von Kake für die 100-Jahr-Feier des „Alaska Purchase“ geschnitzt wurde, also dem Kauf Alaskas von den Russen durch die USA. Der 42 Meter hohe Totem-Pfahl ist einer der größten in ganz Alaska und angeblich sogar der weltweit größte aus einer einzelnen Zeder geschnitzte.
Der Totem-Pfahl wurde in Haines von einem Nativ Alaskan geschnitzt und 1971 in einer traditionellen Zeremonie und einem dreitägigen Fest auf einem Hügel mit Blick über die Ortschaft aufgerichtet. Die Spitze des Pfahls mit der Figur eines Adlers ist inzwischen abgebrochen und liegt neben dem Pfahl. Aber das bedeutet für die Tlingit nichts Schlechtes. Traditionell dürfen und sollen die Totem-Pfähle nach und nach verfallen, was gewöhnlich länger als ein ganzes Menschenleben dauert.
Für die Tlingit hat der Totem-Pfahl von Kake noch eine andere Bedeutung: Seine Aufstellung diente als symbolische Heilung für das Fällen und Verbrennen der ursprünglichen Totems von Kake im Jahr 1912. Einige Dorfbewohner hatten den Totem-Pfahl damals angeblich aus Protest gegen die Veränderung ihrer Kultur durch Missionare zerstört.
Auf dem Totem-Pfahl wurden Symbole der Tlingit, Tsimshian und Haida integriert, um die Einheit der drei Stämme der Region zu bestärken. Im unteren Bereich zeigen die Schnitzereien einen kräftigen Mann, der einen Seelöwen in zwei Hälften reißt. Frösche, Lachse und Orca-Motive zieren den Pfahl ebenfalls, und der bereits erwähnte Adler thronte ursprünglich auf der Spitze.
Kupreanof Island und Frederick Sound: Lieblingsplätz für Buckelwale
Es ist ein perfekter Tag zur Walbeobachtung, warm, mit wenig Wind und strahlendem Sonnenschein. Und die Gewässer um Kupreanof Island gehören offenbar zu den Lieblingsplätzen von Buckelwalen. Eigentlich wollten wir mit der Hanseatic Spirit auf dem Weg zum Endicott-Arm-Fjord Ausschau nach Walen halten – doch wir kommen nur wenige Meilen weit, bis wir schon den Blas der ersten Wale sehen.
Also drehen wir bei und liegen zunächst eine Weile vor Kupreanof Island noch in Sichtweite zu Kake und beobachten die Tiere, wohl mindestens fünf oder sechs relativ nahe am Schiff.
Kupreanof Island ist übrigens die größere Nachbarinsel zur Mitkof Island, auf der wir mit der Hanseatic Spirit am Tag zuvor Petersburg besucht haben. Obwohl die Insel erstmals von den Briten während einer der Expeditionen von George Vancouver 1793 kartiert wurde, trägt sie heute den Namen des russischen Gouverneurs der russischen Kolonien in Amerika, der dieses Amt von 1836 bis 1840 innehatte, Vizeadmiral Ivan Antonovich Kupreianov.
Nach den ersten Walsichtungen fahren wir weiter in den Frederick Sound hinein – und erleben ein ganz besonders Schauspiel. Wenn Buckelwale auf einen Fischschwarm treffen, dann jagen sie gemeinsam. Sie schwimmen um den Schwarm herum und erzeugen dabei einen optisch undurchdringlichen Vorhang aus Luftblasen rund um die Fische. Dann stoßen die Wale mit offenem Maul von unten in diesen Fischschwarm hinein.
Das Wasser filtern sie durch ihre Barten und was übrig bleibt, ist ein riesiges Maul voll Fisch. Diese Jagd-Methode zu beobachten, gehört zu den faszinierendsten Ereignissen, die man auf einer Alaska-Kreuzfahrt erleben kann.
Mit der Hanseatic Spirit liegen wir im warmen Sonnenlicht des Spätnachmittags etwa eine Stunde lang vor dieser Szenerie und beobachten fünf oder sechs dieser Jagddurchgänge.