Der Prince William Sound zeigt sich an Tag zwei und drei in all seinen Facetten: Mit Regen und Nebel, aber auch blauem Himmel und Sonnenschein, mit beeindruckenden Landschaften und Gletschern, vor allem aber mit zahlreichen Tieren vom Adler über erneut viele Seeotter bis hin zu einem Bären, den wir von der Hanseatic Spirit aus am Ufer beobachten. In diesem Beitrag beschäftigen wir uns aber auch mit zwei geschichtlichen Ereignissen, die für den Prince William Sound bedeutend sind: ein schweres Erdbeben und eine Öltanker-Havarie.
An Tag 2 im Prince William Sound erwischen uns der Nebel und der Regen Alaskas, von denen wir bislang auf dieser Reise verschont geblieben waren. Erstes Ziel des Tages ist eine Anlandung auf der unbewohnten Heather Island. Nachdem wir schon in der Anfahrt große Gruppen von Seeottern gesehen haben, können wir die liebenswerten Tiere hier auch von Land ausgiebig beobachten.
Wir erkunden Heather Island, einst die Gletscher-Endmoräne des Columbia Glacier. Noch 1980 befand sich die Abbruchkante des Gletschers hier. Heute ist sie bereits 20 Kilometer entfernt. Der Columbia Glacier ist einer der am schnellsten abschmelzenden Gletscher Alaskas.
Zunächst haben wir Glück: Zur Anlandung mit lokalen Booten auf Heather Island sieht es so aus, als würde es etwas aufklaren.
Einen hübschen und überraschend wenig scheuen Strandläufer fotografiere ich noch, dann setzt uns der immer stärker werdende Regen aber so zu, dass wir beschließen, auf die Hanseatic Spirit zurückzukehren. Völlig durchnässt kommen wir dort an. Aber auch das gehört zu einem Alaska-Abenteuer eben dazu.
Und während der Rückfahrt sind Regen und nassen Kleider kurz vergessen, als wir eine Seeotter-Mutter mit ihren zwei herumtollenden Jungen passieren.
Der Regen lässt zwischendurch etwas nach, doch als wir mit der Hanseatic Spirit in den Fjord zum Columbia Glacier einfahren, finden wir dort neben zahlreichen Eisbrocken und Eisbergen auch Nebel und erneut strömenden Regen.
Aber das Schiff hat ja genug überdachten Platz auf den Außendecks und die warme und gemütliche Observation Lounge, von wo aus wir einen Blick auf die Gletscherzungen des Columbia Glaciers werfen – oder zumindest im Nebel erahnen können.
Die Seelöwen von Glacier Island
Am späteren Nachmittag passieren wir Glacier Island an einer Stelle mit sehr tiefem Wasser ganz nahe an der Küste – das schlechte Wetter kann uns also relativ egal sein, denn die Seelöwen, von denen es hier zahlreiche gibt, können wir halbwegs bequem vom Schiff aus beobachten. Mit dem Fernglas kann man die großen Bullen ausmachen, gegenüber denen die Jungtiere regelrecht winzig wirken.
Aber selbst die Seelöwen haben an dem Wetter keinen Spaß, denn der inzwischen aufgefrischte Wind treibt größere Wellen an die schmalen Strände an den Felswänden, sodass sie sich an den Rand der Strandsteifen oder auf ein paar kleinere Felsbrocken zurückziehen müssen.
Ein unerwartet schöner Tag ersetzt den Hafenstopp in Kodiak
Der ausgefallene Hafenstopp in Kodiak gibt uns einen extra Tag im Prince William Sound. Entgegen der Befürchtungen kehrt das gute Wetter zurück. Während wir mit der Hanseatic Spirit am Vormittag vor dem Chenega Glacier stehen, klart der Himmel zusehends auf.
Wir beobachten Seehunde und Möwen auf großen Eisbrocken im Wasser …
… und sehen mächtige Abbrüche vom Eis am Gletscher. Aber der Chenega Glacier ist, so die lokalen Lotsen, auch einer der akustisch aktivsten. Und tatsächlich hört man häufig das Knacken und Krachen, wenn Eis im Gletscher selbst zerbirst, sich Spannungen im Gletscher abbauen, ohne dass er an der Abbruchkante kalbt.
Für den Mittag hat sich Axel Engeldrum mit den Lotsen eine besondere Durchfahrt ausgesucht – den langen und schmalen Bainbridge Channel, der an der engsten Stelle nur etwas über 300 Meter breit ist. Es ist das erste Mal, dass ein Expeditionskreuzfahrtschiff von Hapag-Lloyd Cruises diesen Weg wählt.
Langsam und fast lautlos gleiten wir durch das glatte Wasser, entlang von bewaldeten Steilhängen, teils mit schmalen Stränden am Ufer. In den Baumwipfeln sitzen gelegentlich Weißkopf-Seeadler, im Wasser paddeln immer wieder Seeotter an uns vorbei …
… und an einem der Strände entdecken wir, weit voraus einen Bären. Allerdings entdeckt er uns bald ebenfalls und verschwindet im hohen Ufergras.
Ebenfalls in etwas Distanz sehen wir eine fast weiße Robbe.
Am Ende des Kanals präsentiert sich uns der langgezogene Bainbridge Glacier, …
… bevor wir in den Pazifik hinausfahren – bei blauem Himmel und Sonnenschein, aber etwa drei Meter hohen Wellen, die noch von dem Sturm des Vortags übrig geblieben sind.
Das große Alaska-Erdbeben von 1964
Der Prince William Sound und umliegende Regionen waren Schauplatz des zweitstärksten, je auf der Erde gemessenen Erdbebens. Am 27. März 1964 bebte die Erde viereinhalb Minuten lang mit einer Stärke von 9,2 auf der Richter-Skala, mit Epizentrum zwölf Kilometer unter dem Prince William Sound. Nur ein Beben von 1960 in Chile war mit Stärke 9,5 noch intensiver.
Im Prince William Sound sorgte das Beben für massive Zerstörung. Ein Tsunami mit bis zu 70 Meter hohen Wellen rollte über Teile der Küste. Nur dank damals noch geringer Besiedelung in der Region kamen nach offiziellen Angaben lediglich 130 Menschen ums Leben.
Aber auch die Natur erlitt enorme Schäden. Süßwasserreservoirs versalzten, sodass Wildtiere wie Elche, Rehe oder Ziegen beispielsweise kein Frischwasser mehr fanden und Laichplätze von Lachsen zerstört waren.
Schwache Erdbeben sind übrigens in Alaska auch heute fast an der Tagesordnung, viele davon auf den Aleuten, zumeist aber mit einer kaum merklichen Stärke von unter 2.0. Aber beispielsweise am 11. Juli 2024 bebte die Erde auch 36 Meilen (rund 58 Kilometer) östlichen von Homer mit einer Stärke von 3,8 – einem der Orte, die wir auf unserer Alaska-Kreuzfahrt mit der Hanseatic Spirit besuchen.
Die Exxon-Valdez-Ölkatastrophe
Der Prince William Sound ist aber auch mit einer der größten, menschengemachten Umweltkatastrophen der vergangenen Jahrzehnte verknüpft: mit der Havarie des Öltankers Exxon Valdez. Am 24. März 1989 lief das Schiff im Prince William Sound auf ein Riff, riss auf und verlor rund 37.000 Tonnen Rohöl.
Der Kapitän des Schiffs wurde ein Jahr später zu 50.000 Dollar Geldstrafe und 1.000 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt. Exxon zahlte annähernd fünf Milliarden Dollar Schadensersatz und Wiedergutmachung, doch den immensen Umweltschaden konnte auch dieser Betrag nicht gutmachen.
1.300 Meilen Küstenlinie waren mit Öl verschmutzt, geschätzte 250.000 Seevögel, 2.800 Seeotter, 300 Robben, 250 Weißkopfseeadler und 22 Orcas kostete die Katastrophe das Leben. Fischerbetriebe im Prince William Sound gingen in den Folgejahren Pleite.
Trotz immenser Anstrengungen, die Küsten vom Öl zu befreien, konnten wahrscheinlich nur ungefähr zehn Prozent des Öls tatsächlich entfernt werden. Selbst heute, 35 Jahre nach der Katastrophe findet man offenbar an manchen Stellen noch Reste des ausgelaufenen Rohöls von damals. Die Seeotter-Population, durch das Öl um 40 Prozent dezimiert, hat sich bis heute nicht vollständig erholt.
Sichtbare Spuren der Katastrophe gibt es heute nicht mehr. Wenn man die Geschichte der Exxon Valdez nicht kennt, würde man den Prince William Sound als ursprüngliche Wildnis wahrnehmen.
Immerhin hat die Exxon Valdez 1990 zum Oil Pollution Act geführt, der Öltankern in US-amerikanischen Gewässern einen doppelwandigen Rumpf vorschreibt und die Geldstrafen für Öllecks deutlich erhöht hat. Die Ölförderung in Alaska jedoch geht bis heute weiter und soll sogar noch ausgeweitet werden.