Die „weltweit erste Discovery-Yacht“, Milliardärs-Yacht für Menschen, die keine Milliardäre sind und der Anspruch auf Sechs-Sterne-Niveau: Mit dem umfangreichsten All-inclusive-Konzept der Kreuzfahrtbranche, bordeigenem U-Boot und zwei Sightseeing-Hubschraubern sowie acht Restaurants bei nur 200 bis 228 Passagieren lässt die Scenic Eclipse kaum einen Superlativ aus. Erfüllt das Schiff diesen Ultraluxus-Anspruch?
Der Anspruch der Reederei, die Scenic Eclipse ganz oben in der Hochseekreuzfahrt zu positionieren, legt die Messlatte sehr hoch. Das Schiff und der Service müssen sich messen lassen mit beispielsweise Hapag-Lloyd Cruises, Seabourn, Crystal Cruises oder Regent Seven Seas. Ich werde daher auch einige Punkte ansprechen, die schon eine Kategorie niedriger kaum der Erwähnung wert wären – also kleine Schwachpunkte im Rahmen eines sehr hohen Grundniveaus.
Weil zur Scenic Eclipse bislang wenig bekannt ist, fällt dieses Schiffsportrait etwas ausführlicher und detailreicher aus, als gewöhnlich bei cruisetricks.de. Meine Stammleser mögen mir den erhöhten Lese-Aufwand verzeihen.
Konzept: mehr Luxus-Hotel als Kreuzfahrtschiff
Schon beim Betreten der Scenic Eclipse fällt auf, dass sich das Schiff eher am Design, Ambiente und dem Konzept eines modernen Fünf-Sterne-Hotel an Land orientiert als an typischen Kreuzfahrtschiffen. Dieser Eindruck verfestigt sich im Laufe der Reise, zusammen mit dem Gefühl, eher auf einer privaten Megayacht als auf einem Kreuzfahrtschiff zu sein.
Die großzügige Lobby Lounge ähnelt einer edlen Hotel-Rezeption mit großzügiger Lounge, Kaffee- und Tee-Station sowie markanter Bar. Diese Whiskey-Bar – mehr dazu noch später – ist am Abend so etwas wie ein Ankerpunkt am Schiff und der Ort, wo man am zuverlässigsten die Mitreisenden trifft.
Das Schiff bietet insgesamt acht verschiedene Restaurants. Die Suiten sind so großzügig und bequem eingerichtet sind, dass die Passagiere viel Zeit dort verbringen. Und auch Essen kann man sich rund um die Uhr direkt in der Suite servieren lassen.
Anders als auf den meisten sonstigen Expeditionsschiffen mit so geringer Passagierzahl ergibt sich daraus ein sehr individuelles Erlebnis an Bord mit weniger Gemeinschaftsgefühl der Passagiere und weniger zufälliger oder sich automatisch ergebender Interaktion untereinander. Wenn sich die eigenen Gewohnheiten von denen anderer Gäste unterscheiden, kann es hier schonmal vorkommen, dass man dem einen oder anderen Mitreisenden tagelang nicht über den Weg läuft.
Service
Der Service auf der Scenic Eclipse war auf meiner Reise auf einem sehr guten Niveau, entsprach aber noch nicht der Qualität, die man bei einem Sechs-Sterne-Niveau erwarten kann. Teils war der Service bereits perfekt, insgesamt aber inkonsistent.
Insgesamt habe ich den Eindruck gewonnen, dass es sich dabei um typische Anfangsschwierigkeiten eines neuen Schiffs – hier noch dazu das erste Hochseeschiff der bisher nur am Fluss aktiven Reederei – handelt, die in ein paar Wochen wahrscheinlich der Vergangenheit angehören.
Zu berücksichtigen ist dabei, dass das Schiff zu diesem Zeitpunkt erst seit drei Wochen in Dienst war und sich die Abläufe besonders auf diesem hohen Niveau erst einspielen müssen, bis wirklich alles reibungslos funktioniert. Ein sehr gutes Zeichen: Schon während meiner fünftägigen Reise waren Verbesserungen deutlich zu erkennen, derselbe Fehler passierte in der Regel kein zweites Mal.
Ein Beispiel: Pancakes gab es zum Frühstück im Yacht Club erst auf explizite Nachfrage der Restaurantleiterin beim Küchenchef. Am nächsten Tag klappte die Pancake-Bestellung schon sofort und wie selbstverständlich.
Das Potenzial für den proklamierten Sechs-Sterne-Service ist bei der Crew vorhanden. Alle, mit denen ich gesprochen habe, bringen viel Kreuzfahrt-Erfahrung mit und haben zuvor beispielsweise bei Oceania, Silversea oder Holland America Line gearbeitet. Der Hotel Director war zuvor unter anderem bei Seabourn tätig.
Viele Crew-Mitglieder agieren zu wenig vorausschauend und man hört zu oft ein unausgesprochenes „Nein“ statt des Versuchs, ein Problem oder eine Anforderung des Passagiers zu lösen. Bei sechs Sternen kann man erwarten, dass Passagier-Wünsche auf die eine oder andere Weise konsequent erfüllt werden.
Allerdings – das sei auch zugestanden – musste ich mich selbst ein wenig daran gewöhnen, mich um viele Dinge nicht selbst zu kümmern, sondern stattdessen vieles einfach von meinem Butler erledigen zu lassen. Denn dann berühren mich Service-Schwächen nur sehr bedingt und alles funktioniert weitgehend reibungslos: „Steve, können Sie mir bitte für morgen oder übermorgen einen Platz im Teppanyaki-Restaurant reservieren, bevorzugt um 18:30 Uhr?“ – und die Sache ist so gut wie erledigt.
Luxus-Zahlenspiele
„Luxus“ ist oft schwer zu fassen, bedeutet vor allem individuelle Freiheit und Freiraum. Dennoch kann man einige Fakten in Relation setzen, um ein ungefähres Gefühl für ein Schiff zu bekommen. Deshalb ein paar Zahlenspiele für diese Einordnung.
Beim Verhältnis Platz/Tonnage pro Passagier kommt die Scenic Eclipse auf 76,55 BRZ pro Passagier. Das ist nur geringfügig weniger als die Europa 2 (77,5) und deutlich mehr als die Hanseatic Nature (68,0) – wobei der für Hubschrauber und U-Boot benötigte, aber für Passagiere nicht relevante Platz auf der Scenic Eclipse das etwas relativiert. Weitere Vergleichswerte aus dem Luxus-Segment:
- Europa: 70,8
- Le Lyrial: 42
- Seadream: 38,4
- Seven Seas Explorer: 72
- Seabourn Encore: 67,25
- geplante Crystal Endeavor: 97,5
Ein weiterer Luxus-Indikator ist das Verhältnis von Passagieren pro Crew-Mitglied. Auf der Scenic Eclipse liegt dieses Verhältnis bei 1,3 und damit gleichauf mit der Hanseatic Nature. Vergleichswerte:
- Europa und Europa 2: 1,4
- Hanseatic Nature: 1,3
- Le Lyrial: 1,86
- Seadream: 1,2
- Seven Seas Explorer: 1,1
- Seabourn Encore: 1,5
- geplante Crystal Endeavor: 1,0
Noch besser schneidet die Scenic Eclipse auf Routen in der Arktis und Antarktis ab. Hier fahren nur 200 Passagiere mit, dafür wird die Crew auf 192 aufgestockt, was zu einem beinahe 1:1-Verhältnis führt und die BRZ pro Passagier auf 87,3 anhebt.
All-inklusive-Konzept
Deutliche Auswirkungen auf das Ambiente der Scenic Eclipse hat das nahezu allumfassende All-inclusive-Konzept von Scenic, weswegen es hier explizit angesprochen sei. Der Passagier wird an Bord konsequent nicht mit Preisen oder Kosten konfrontiert, weswegen es nicht einmal Getränke- oder Weinkarten gibt – zu letzterem m Abschnitt „Bars & Restaurants“ mehr im Detail.
Im Reisepreis ist faktisch alles inklusive, was das Gefühl verstärkt, auf der eigenen Privatyacht unterwegs zu sein. Es spielt einfach keine Rolle, was der Wein kostet, den man gerade trinkt. Er ist einfach da. Dafür ist eben auch der Reisepreis als solcher recht hoch.
Einzig nicht inklusive sind individuelle Spa-Behandlungen, die U-Boot-Tauchfahrten, Hubschrauber-Rundflüge und Tauchgänge mit Sauerstoffflaschen sowie einige ganz wenige, besonders teure Weine.
Ansonsten ist alles inklusive: Butler-Service, alle Restaurants und 24-Stunden-Insuite-Dining, alle Getränke, Internet, Trinkgelder, viele Landausflüge (auch Kajak, Schneeschuh-Wanderungen, Schnorcheln, E-Bike-Touren), Self-Service-Waschsalon, Flughafentransfers und gegebenenfalls Shuttlebusse in den Häfen sowie Saunen- und Wellness-Bereich im Spas, Yoga und Pilates.
Zustand des Schiffs
Kennt man die Entstehungsgeschichte der Scenic Eclipse mit Beinahe-Pleite der Werft und Einspringen der Reederei mit großem, eigenem Team, ist es beeindruckend, wie gut das Schiff gelungen ist und wie wenig sichtbare Mängel vorhanden sind, die nun im laufenden Betrieb behoben werden.
Dennoch: Die Außenpools waren auf meiner Reise noch nicht nutzbar, der Innenpool im Yacht Club hatte nur am ersten und am letzten Reisetag Wasser und am Sonnendeck auf Deck 10 vorne waren Handwerker damit beschäftigt, die Teakholz-Verkleidung, Sitzbänke und teils den Boden zu verlegen oder zu korrigieren.
Weniger ins Gewicht fallen vereinzelte Kleinigkeiten wie eine sich ablösende Tapeten-Ecke in der Kabine oder eine etwas ausfransende Teppichkante m Treppenhaus – nichts Großes, alles leicht zu korrigieren, aber auf einem Schiff mit Sechs-Sterne-Anspruch erwähnenswert.