Die Queen Mary 2 fährt durch dichten Nebel, schon in der Nacht und auch den ganzen Vormittag. Alle zwei Minuten dröhnt das Nebelhorn. Die Stimmung ist fast ein wenig mystisch, so ganz allein mitten am Atlantik.
Der Nebel ist so dicht, dass die Passagiere, die am Promenadendeck spazieren gehen oder joggen, schon nach der halben Schiffslänge sanft im Nebel verschwinden. Die Luft ist feucht, frisch, aber nicht kalt. Die Bugwellen der Queen Mary 2 rauschen am Schiff vorbei.
In diesem Nebel fühlt es sich an, als gäbe es nur noch das Schiff, rundherum nichts mehr und die restliche Welt ist unendlich weit entfernt. Die Sicht beträgt zeitweise nur rund 100 Meter.
Nebelhorn der Queen Mary 2
Am Nachmittag löst sich der Nebel plötzlich auf und die Sonne scheint von einem fast wolkenfreien Himmel. Wenige Stunden später tauchen wir wieder in die Nebelsuppe ein, das Nebelhorn beginnt erneut im Zwei-Minuten-Rhythmus zu blasen.
Glück im Unglück: Ein medizinischer Notfall trifft genau die nebelfreie Zeit – der riesige Rettungshubschrauber der kanadischen Küstenwache kann den Patienten, knapp über dem Schiff schwebend, aufnehmen und in eine Krankenhaus an Land bringen. Die Außendecks der Queen Mary 2 sind während dieser Operation gesperrt.
Dixieland-Jazz zum Lunch
Ein Highlight ist heute das Mittagessen in der Carinthia Lounge: Die Acht-Mann-Band der Queen Mary 2 spielt zum Lunch Dixieland-Jazz – was für eine stilvolle Art, zu Mittag zu essen. Überhaupt gibt es auf der Queen Mary 2 außergewöhnlich viel Live-Musik, tagsüber und abends in den Bars, aber auch im Theater spielt zu den Show zumeist eine Live-Band.
Die Carinthia-Lounge ist ein – nicht wirklich geheimer – Geheimtipp auf der Queen Mary 2. Hier gibt es zum Frühstück, Mittagessen und nachmittags ein kleines Buffet mit Snacks und kleinen Gerichten; sehr lecker und ideal, wenn man zwischendurch entspannt ein Kleinigkeit essen will, ohne ins Restaurant zu gehen.
Fitness-Studio und Spa
Es ist uns schon zu einer schönen Routine auf diesem Crossing geworden, dass wir nachmittags zuerst ein paar Kalorien des exzellenten Essens im Fitness-Studio wieder abtrainieren und anschließend im Spa erholen.
Wir haben uns einen Spa-Pass für die ganze Woche gegönnt (120 Dollar pro Person), der sich auf eine Atlantik-Überquerung mit ausschließlich Seetagen und damit viel Zeit zum Müßiggang wirklich lohnt.
Der „Aqua Therapy“-Bereich im Spa der Queen Mary 2, den man mit dem Spa-Pass unbegrenzt nutzen kann, umfasst Kräuter-, Dampf- und finnische Sauna, sprudelnde Fußbäder, Crushed Ice zum Einreiben nach der Sauna, Tropendusche, einen großen Thalasso-Pool mit Sprudel-Liegen, Sprudeltopf, zwei Massage-Wasserfälle und einen wunderbar heißen Whirlpool.
Und zur Erholung von der Erholung hat der Relaxation Room den perfekten Blick über das Promenadendeck aufs Meer.
Ein Blick auf die mitreisenden Passagiere
Meine historischen Protagonisten beschäftigen sich intensiv mit dem Beobachten und Taxieren der mitreisenden Passagiere. Vor allem bei den Texten zum ersten Tag und zur Einschiffung findet man dazu einiges. Schließlich will man wissen, mit wem man es die kommenden Tage verbringen wird.
René Goscinny beobachtet bei der Einschiffung die mitreisenden Passagiere, wie er sich auch sonst bevorzugt über seine Reisegefährten amüsiert: „Ein ziemlich trister Verein übrigens, diese künftigen Passagiere. Selbst wenn sie einen Luxusdampfer gebucht haben, sehen sie eher aus wie Emigranten, die vor einer Krise fliehen, weil die Kartoffelernte schlecht war.“
Faszinierend: Als wir bei der Einschiffung zur Queen Mary 2 in Southampton darauf genauer achten, fallen auch hier Mitreisende auf, die keinen sonderlich eleganten Eindruck machen. Eine Dame trägt ihr Handgepäck in einer Aldi-Tüte mit sich. Die Mehrzahl allerdings ist urlaubsmäßig gekleidet, bunte Hemden oder Short, teils kurze Hosen, Rucksack oder größere Handtasche.
An Bord ändert sich der Eindruck deutlich und ganz ähnlich beschreibt es später auch Goscinny. Auf der Queen Mary 2 sehen wir schon am Nachmittag mitunter schwarze Spitzenkleider, elegante Seidenschals, Sakkos und dunkle Hosen. Ebenso viel aber auch normale Freizeitkleidung – eben wie auf einer ganz normalen Schiffsreise – das Word „Kreuzfahrt“ vermeide ich mal bewusst, schließlich sind wir auf einem „Crossing“.
Abends wird es überwiegend elegant und stilvoll, auch wenn gerade keiner der insgesamt drei Gala-Abende mit sehr formellem Dress Code auf dem Programm steht. Der sehr lockere Look von vor der Einschiffung hat sich (fast) gänzlich verflüchtigt.
Auch Isabella L. Bird fasziniert bei der Einschiffung die Beobachtung der anderen Passagiere: „Die Wartezeit [vor der Abfahrt] verbrachten die Passagiere damit, ihre Kabinen zu besichtigen und ihre enttäuschten Erwartungen zum Ausdruck zu bringen, wie klein selbige seien, und damit, ihre Koffer vor den Matrosen zu retten, die selbige eilig fortschafften, und dem Genießen jener neugierig umherirrenden Blicke, die auf alles blickt und auf nichts ruhen blieben.“
Charles Dickens fokussiert zielsicher auf einen Reisegenossen der eher fragwürdigen Sorte, als der die Szene beschreibt, aus das Schiff in Sicht kommt: „Gemurmel von Neugierde und Bewunderung, wie ‚Wie schön sie ist!‘ – ‚Wie ordentlich sie aussieht!‘, sind von allen Seiten zu hören. Sogar der träge Herr mit seinem schief sitzenden Hut und den Händen in den Taschen, der so viel Trost gespendet hat, indem er sich gähnend bei einem anderen Herrn erkundigte, ob er „rüberfährt“, als ob es eine Fähre wäre; sogar er lässt sich dazu herab, […] mit dem Kopf zu nicken, als ob er ‚so ist es‘ sagen würde.“
Winston Churchill fasst sich da kurz: „Es gibt keine netten Leute an Bord, die erwähnenswert wären, und schon gar keine, über die ich etwas schreiben könnte.“
Das ist wohl auch ein wenig persönliche Einstellungssache … Auf der Queen Mary 2 sind auf unserer Reise viele Amerikaner und Briten unterwegs, aber auch eine größere Zahl Deutscher, einige Franzosen und noch einige aus anderen Nationen. Wir haben uns beispielsweise mit Amerikanern unterhalten, die schon mit der Queen Mary 2 nach Europa gekommen sind, hier einige Wochen verbracht haben und jetzt wieder zurück nach Hause fahren – also durchaus nette Leute, mit denen man sich gerne unterhält.
Christian Fredericksen – ansonsten in seinem Tagebuch sehr positiv eingestellt – ist ein wenig entsetzt über die gottlosen Sitten an Bord seines Auswandererschiffs: „Es gibt viel Durcheinander auf einer solchen Reise, mit viel Lärm überall. Alle, deren Sprache ich verstehe, verwenden schlechte und unmoralische Wörter; sie singen ein paar patriotische Lieder und das mag gut sein, aber ansonsten singen sie Lieder über alte Liebe und Frauen.“
Gut, dass Passagiere an Bord von Ocean Linern heutzutage nicht mehr singen – oder bestenfalls gelegentlich ab Abend in einer Piano-Bar beim „Sing along“. Obwohl: Seit dem ersten Tag steht täglich eine Probe des Gäste-Chors auf dem Tagesprogramm – da könnte es gegen Ende der Reise noch ein Chor-Konzert geben …