Frankreich selbst könnte nicht französischer sein als die kleine Inselgruppe Saint-Pierre et Miquelon vor der Südküste Neufundlands. Zum ersten Mal auf dieser Reise legt die Fram in einem richtigen Hafen an der Pier an, nachdem wir bisher immer per Tenderboot an Land gegangen waren.
Saint-Pierre bietet Szenen, wie sie klischeehaft französischer kaum sein könnten: Ein Mann mit Dreitagebart und Zigarette im Mundwinkel biegt in einem alten Renault um die Ecke, ignoriert den Zebrastreifen. Die Verkäuferin in der Patisserie spricht schon aus Prinzip nur Französisch, obwohl hier so nahe vor der Küste Neufundlands die meisten auch Englisch sprechen.
Klischees, ich weiß, aber es erinnert einen dennoch so sehr an Frankreich, dass man sich fühlt, als hätte man über Nacht den Atlantik überquert und sei in einem Dorf in der Bretagne gelandet.
Die Leckereien aus Mürbteig, Sahnecreme, Schokolade und Früchten in der Patisserie sind übrigens so lecker wie im Mutterland jenseits des Atlantiks, ebenso wie die perfekten Macarons. Da verzeiht man mit Freuden, dass man sich mangels Französischkenntnissen nur dürftig verständlich machen kann. Die Gebäckteilchen werden liebevoll in einen kleine Pappkarton verpackt und verschnürt.
Saint-Pierre ist mit seinen bunten Häusern ein farbenfroher Ort und alles erinnert an Frankreich, von den Straßennamen über die Nummernschilder an den Autos bis zu den Marken der Autos, die am Straßenrand geparkt sind.
Besonders fotogen ist der große Leuchtturm am Point aux Canons mitten im Hafen. An ihm vorbei fahren wir am Nachmittag mit einen Fährschiff auf die vorgelagerte Ile aux Marins.
Seit den 1960er-Jahren wohnt niemand mehr dauerhaft auf der Insel, die einst von Fischern zum Verarbeiten und Trocknen von Fisch genutzt wurde und während des großen Kabeljau-Booms als zusätzliche Siedlung diente, weil in Saint-Pierre kein Platz mehr für neue Häuser war. Heute werden die verbliebenen Gebäude gut gepflegt und als Sommerhäuser genutzt.
Es gibt auf der Ile aux Marins ein Museum, Kiesstrände mit spektakulärer Brandung, ein Wrack eines 1971 havarierten Schiffs, eine Kirche und einen der schönsten Friedhöfe, die ich kenne. Er liegt direkt am Meer mit Blick auf die Brandung.
Früh morgens hatte uns die Ile aux Marins bereits bei der Einfahrt der Fram in den Hafen von Saint-Pierre faszinierende Sonnenaufgangs-Bilder beschert – Kirche und Häuser der Insel vor einem Himmel, der zu brennen scheint.
Wir saugen die Stimmung noch einmal in uns auf, denn es ist schon der vorletzte Tag unserer Reise auf der Fram …