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Gruppenfoto mit Pinguin und Schiff

Kreuzfahrt in die Antarktis – Tipps & Reise-Details

Die Antarktis-Kreuzfahrt auf der L’Austral ist nun schon gut drei Wochen her. Aber ich habe es noch nicht übers Herz gebracht, meinen roten Polar-Parka zu waschen – er riecht noch ein wenig nach Pinguin und bringt immer wieder all die faszinierenden Erinnerungen zurück … Ein ganz persönlicher Rückblick auf eine beeindruckende Reise.

Vor meinem inneren Auge tapst ein Eselspinguin über die Felsen zu seinem kargen Nest aus kleinen Steinchen, zwei Zügelpinguine streiten sich lauthals um ein paar Zentimeter zwischen den Nestern, zwei flauschige Adelie-Pinguin-Küken jagen Vater oder Mutter durch die Kolonie in der Hoffnung auf eine Portion Krill und der einzige auf dieser Reise gesichtete Macaroni-Pinguin mit seinen gelben Kopf-Federn sitzt unbeirrt und seelenruhig inmitten der Nester einer Zügelpinguin-Kolonie.

Im Zoo konnte ich mich für Pinguine nie besonders begeistern. Am Ende der Kreuzfahrt aber ist mir der Abschied gerade von diesen liebenswerten, kleinen Geschöpfen besonders schwer gefallen. Bei all den faszinierenden Erlebnissen und der beeindruckenden Natur der Antarktis haben mich die Pinguine am meisten berührt und begeistert.

Mit Worten schwer zu beschreiben

Traumwelt aus Eis: Paradise Bay
Traumwelt aus Eis: Paradise Bay

Die Antarktis ist vor allem eines: vollkommen anders als alles Gewohnte und Vertraute aus unserem Alltag. Das Spannende dabei ist, wie man diese Andersartigkeit erlebt. Denn das menschliche Gehirn macht etwas wirklich Perfides: Es passt sich unglaublich schnell an Neues an, wenn Vergleichsmöglichkeiten und Bezugsgrößen fehlen. Es mag ein wenig pathetisch klingen – aber auf der zweitägigen Fahrt von Ushuaia durch die Drake Passage bis zu den Süd-Shetlands überschreitet man eine unsichtbare Trennlinie, die mehr ist als eine Menge Salzwasser zwischen dem gewohnten Alltag mit Job und Stress, mit Autos, Flugzeugen und Häusern und dieser so völlig anderen Welt der Antarktis aus Fels und Eis. Einer Welt, in der einem die vertrauten Dimensionen fehlen und die man mit kaum etwas vergleichen kann, was einem aus dem Alltag vertraut ist.

Die klare, trockene Luft, die tiefe Stille, das Weiß und Blau der Eisberge und Gletscher, das intensiv schwarzblaue Wasser, das Knistern des Gletscher-Eises, wenn es beim Schmelzen Jahrtausende alte Luftbläschen freisetzt, der kräftige Geruch der Pinguin-Kolonien und das Geschnatter Abertausender dieser possierlichen Seevögel lassen die Welt jenseits der Drake Passage für die Antarktis-Besucher verblassen.

Nach zehn Tagen ein ungewohnter Anblick: Häuser und Strassen - Ushuaia
Nach zehn Tagen Antarktis ein ungewohnter Anblick: Häuser und Strassen – Ushuaia

Kehrt man nach Ushuaia zurück, wird einem das erst richtig bewusst. Allen Ernstes muss man sich dort nämlich wieder an den Anblick von Häusern, Autos und größeren Menschenmengen gewöhnen – so sehr hat man sich während der Antarktis-Kreuzfahrt in diese beinahe unwirklich schöne, friedliche, fremde Welt eingewöhnt.

Zodiac statt Kreuzfahrt-Terminal

Ganz und gar nicht funktioniert in der Antarktis alles, was man sonst von Kreuzfahrten gewohnt ist. Statt Flipflops und Badehose sind für den Landgang kniehohe Gummistiefel, winddichter Polar-Parka und Hightech-Rettungsweste gefragt.

Base Camara, Half Moon Bay
die argentinische „Base Camara“, Half Moon Bay

An Land geht es mit robusten Schlauchbooten ( Zodiacs) – statt über ein Kreuzfahrt-Terminal. Und am Ufer warten keine Ausflugsbusse, Taxifahrer und Souvenir-Händler, sondern Schneefelder, ein paar Robben, Tausende von Pinguine und an manchen Stellen eine Handvoll Forscher in einer Antarktis-Basis, die sich in ihrer Einsamkeit mit einem breiten Lachen im Gesicht über jeden Besucher freuen.

Nebenbei bemerkt: Geforscht wir den meisten dieser Stationen heutzutage kaum noch. Die Bases sind lediglich über den antarktischen Sommer für einige Monate besetzt, hauptsächlich um Besitzansprüche zu wahren, insbesondere sind das politisch-territoriale Ansprüche. Daher gibt es vor allem sehr viele argentinische Stationen. Aber das ist ein ganz anderes Thema.

„ A really wet landing“

"Wet Landing" in Port Lockroy
„Wet Landing“ in Port Lockroy

Wie kann man sich einen solchen Landgang nun vorstellen? Der Ablauf ist eigentlich ganz einfach: Ausrüstung anlegen (Stiefel, wasserdichte Hose, Parka, Mütze, Schwimmweste und wasserdicht verpackte Kamera), über die Marina am Heck der L’Austral ins Zodiac umsteigen und am Ufer mal auf felsigem, mal auf sandigem Boden in meist knöcheltiefes Wasser aussteigen und möglichst vor der nächsten Welle ins Trockene laufen. Schon nach dem ersten Tag ist das Routine, aufregend wird‘s höchstens nochmal, wenn der Expeditionsleiter eine „really wet landing“ vorhersagt. Also eine der Anlandung, bei der ein paar Crewmitglieder in Neoprenanzügen bis zur Hüfte im Wasser stehen, um die Zodiacs festzuhalten, während die Passagiere so schnell wie möglich ins Trockene laufen, bevor die nächste Welle anrollt. Ein riesen Spaß, wenn die Stiefel und die Hose wasserdicht halten.

See-Elefanten auf Livingston Island
See-Elefanten auf Livingston Island

Und dann steht man unversehens inmitten von Pinguinen, die geschäftig schnatternd überall am Ufer unterwegs sind. Oder nur ein paar Meter entfernt von einer Gruppe halbwüchsiger See-Elefanten. Für die Touristen gelten strenge Abstandsregeln: Nie näher als fünf Meter an Pinguine herangehen, die Kolonien mit den Nestern sind komplett tabu. Letzteres ist besonders wichtig, um die Pinguin-Eier und Küken vor Raubmöwen zu schützen. Würde ein Pinguin von einem Kreuzfahrt-Touristen aufgeschreckt sein Nest verlassen, wären Eier und Küken für die Raubmöwen noch leichtere Beute als ohnehin schon.

Pinguine kümmern sich nicht um die Regeln

Zügelpinguine in Half Moon Bay
Zügelpinguine in Half Moon Bay

Aber erfreulicherweise wissen die Pinguine nichts von dieser 5-Meter- Regel. Ganz unbekümmert watscheln sie ihre Wege, oft ohne auch nur im Entferntesten auf uns Menschen zu achten. Dabei sind wir „roten Riesenpinguine“ in unseren knalligen Polar-Parkas eigentlich nicht zu übersehen. Scheu kennen diese neugierigen, kleinen Gesellen einfach nicht. Bleibt man nur lange genug auf einem Stein sitzen oder einfach nur ruhig am Rand einer Kolonie stehen, kommt irgendwann einer der tapsigen Frackträger vorbei und inspiziert dieses fremde Wesen genauer. Mal bleibt er einen Meter entfernt stehen, legt den Kopf in den Nacken und sieht einen mal mit dem einen, dann mit dem anderen Auge genauer an. Mal pickt er aber auch am Hosenbein oder den Gummistiefeln herum.

neugierier Adelie-Pinguin auf Devil Island
neugierier Adelie-Pinguin auf Devil Island

Der Pinguin erkennt allerdings auch relativ schnell, dass sich weder Hose noch Gummistiefel als Baumaterial für sein Nest abschleppen lassen und geht wieder seiner Wege. Für den Pinguin nichts Besonderes. Für den Menschen ein wunderschönes Erlebnis. So beeindruckend, dass man dabei schonmal die eingeschaltete Kamera in der Hand vergisst. Diese magischen Momente prägen sich stattdessen tief im Gedächtnis ein.

Wind und Wetter machen den Fahrplan

Eines darf man in der Antarktis nicht erwarten: Die Einhaltung des im Reiseprospekt ausgewiesenen Routenplans. Wem exakte Fahrpläne wichtig sind und wer auf jede im Prospekt beschriebene Anlandung pocht, der ist in der Antarktis falsch. Routen- und Planänderungen sind an der Tagesordnung, manchmal sogar sehr kurzfristig. Wind, Eis und Nebel machen die Antarktis unberechenbar, das Wetter schlägt innerhalb von wenigen Minuten von strahlendem Sonnenschein in einen eisigen Schneesturm um, und umgekehrt.

Seeleopard, Paradise Bay
Seeleopard, Paradise Bay

Die Passage des Lemaire Channel, wohl eine sehr faszinierende und engste Durchfahrt zwischen schneebedeckten Bergen, musste die L’Austral beispielsweise ausfallen lassen. Als wir uns dem Kanal näherten wurde bald klar: Zu viel Eis und eine dichte Nebelwand machen die Durchfahrt an diesem Tag unmöglich und der Nebel hätte ohnehin jede Aussicht verdorben. Anders als auf normalen Kreuzfahrten können Kapitän und Expeditionsleiter sehr flexibel reagieren – die nächste Attraktion liegt in der Antarktis nur ein paar Meilen entfernt in der nächsten Bucht, und so sitzen wir schon zwei Stunden später wieder im Zodiac, bestaunen einen Seeleoparden auf einer Eisscholle aus vielleicht fünf, sechs Metern Entfernung und kreuzen durch die türkisblauen Eisbrocken vor einem mächtigen, noch intensiver blau leuchtenden Gletscher.

Baily Head Beach
Baily Head Beach

Sehr kurzfristig ging es auch bei der Anlandung am Baily Head Beach auf Deception Island zu. An dem flachen, tiefschwarzen Strand mit einer gewaltigen Zügelpinguin-Kolonie kann die Brandung auch an einem ruhigen Tag so stark werden, dass ein Anlanden mit den Zodiacs unmöglich ist. Also hieß es: Morgens um 5:30 Uhr bitte in voller Montur mit Stiefeln, Parka und Rettungsweste antreten. Der Expeditionsleiter fährt im Zodiac voraus und wenn die Anlandung sicher ist, geht’s los. Andernfalls: zurück ins Bett und ausschlafen. Wir hatten Glück – und Baily Head wurde die schönste Anlandung der gesamten Kreuzfahrt.

Zelte, Schlafsäcke und Proviant immer dabei

Übrigens: Im ersten Zodiac geht immer auch eine Ladung Überlebensausrüstung mit an Land: Zelte, Schlafsäcke, Proviant und medizinische Notfallausrüstung. Nur für den Fall, dass das Wetter so überraschend umschlägt, dass es einige Passagiere zeitweise nicht mehr zurück an Bord des Kreuzfahrtschiffs schaffen. Das passiert selten, kommt aber wohl gelegentlich vor.

Diese Unberechenbarkeit und die unvorhersehbaren Programmwechsel machen viel vom Reiz einer Antarktis-Kreuzfahrt aus und erinnern einen immer wieder dran, dass hier die Naturgewalten das Sagen haben und kein noch so guter Expeditionsleiter etwas beeinflussen kann. Die hohe Kunst des Expeditionsleiters besteht darin, Wind und Wetter richtig einzuschätzen und für die Passagiere das maximal mögliche herauszuholen – Anlandungen an faszinierenden Stellen, Fahrten durch spektakuläre Landschaft, eine erfolgreiche Suche nach Buckel- oder Orca-Walen, bei einer Zodiac-Tour zwischen Felsen und Eisbergen einen Seeleoparden oder eine Wedell-Sea-Robbe finden.

Anders als in so manchem Touristenorten in der Karibik oder im Mittelmeer ist hier niemand auf die Kreuzfahrt-Touristen angewiesen – ganz im Gegenteil, in Zweifel stören wir nur. Aber gerade deshalb ist es ein unglaubliches, ein erhabenes Gefühl, in dieser Zauberwelt der Antarktis Gast sein zu dürfen.

Anmerkung*: Cruisetricks.de reist auf Einladung der Compagnie du Ponant, die Hälfte der Kosten für Anreise und das Vorprogramm in Buenos Aires und Ushuaia trägt cruisetricks.de selbst.
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10 Kommentare

Über den Autor: FRANZ NEUMEIER

Franz Neumeier
Über Kreuzfahrt-Themen schreibt Franz Neumeier als freier Reisejournalist schon seit 2009 für cruisetricks.de und einige namhafte Zeitungen und Zeitschriften. Sein Motto: Seriös recherchierte Fakten und Hintergründe statt schneller Schlagzeilen und Vorurteile, damit sich jeder seine eigene Meinung bilden kann. TV-Reportagen zitieren ihn als Kreuzfahrt-Experten und für seine journalistische Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet. Er wird regelmäßig in die Top 10 der „Reisejournalisten des Jahres“ gewählt und gewann mit cruisetricks.de mehrfach den „Reiseblog des Jahres“-Award.

10 Gedanken zu „Kreuzfahrt in die Antarktis – Tipps & Reise-Details“

  1. Wow, da bin ich mal richtig neidisch. Das ist ein Erlebnis, da erzählt man noch viele Jahre von. Das muss ne klasse Kreuzfahrt gewesen sein. Ich habe schon einmal drüber nachgedacht, aber mich bislang noch nicht getraut, aber wenn ich das so lese, bekomme ich richtig Lust darauf. Danke für diese Geschichte

    Gruß Mares

  2. Kreuzfahrtveranstalter werben ja gerne mal mit dem Slogan „experience of a lifetime“, was bei einer 7-Nächte-Bahamas-Rundfahrt eher albern klingt – denn das hat man schon ein paar WOchen später schon fast wieder vergessen. Aber bei einer Antarktis-Kreuzfahrt kann man sagen: Das ist es wirklich so. Wer’s irgendwie schafft, sollte das einmal erlebt haben :-)

  3. Hallo,

    genauso ging es mir mit der Osterinsel. Auch hier überfuhr man die „Trennungslinie“ und war quasi in einer anderen Welt (demnächst nachzulesen in AZUR). Bei unserer Fahrt in die Antarktis ist mir die „Trennungslinie“ dagegen nicht so stark aufgefallen. Obwohl: Jederzeit gerne wieder
    :-)
    Fred

  4. Fred, ich bin gespannt auf Deine Osterinsel-Reportage! Bei der Fahrt selbst ist mir diese Trennlinie auch nicht wirklich aufgefallen. Aber sobald wir dann in der Antarktis das erste Mal den Fuß an Land gesetzt haben, war der Rest der Welt plötzlich unendlich weit weg und wirkte unwirklich – als müßte (und wollte) man dahin nie wieder zurück.

  5. @Peter: Ich drücke Dir die Daumen, dass Ihr bei der Drake Passage genau so viel Glück habt wie auf unserer Fahrt – möglichst wenig Sturm und Wellen. Das, das als „harmlos“ übrig bleibt, reicht für das „Erlebnis Drake Passage“ allemal noch locker aus ;-)

  6. Hallo Franz,

    … Aber sobald wir dann in der Antarktis das erste Mal den Fuß an Land gesetzt haben, war der Rest der Welt plötzlich unendlich weit weg und wirkte unwirklich – als müßte (und wollte) man dahin nie wieder zurück….

    Treffender kann man es nicht ausdrücken. Nur dass ich eben „Antarktis“ durch „Osterinsel“ tauschen würde.

    Sehen wir uns in Berlin? Ich bin am Donnerstag/Freitag auf der ITB – rechtzeitig zur Präsentation der Kreuzfahrtenstudie. Du sicher auch?

    Fred

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